Wien – Regierung und Sozialpartner haben zur Ankurbelung der Investitionen einen bereits öfters genannten Punkt vereinbart, der Umweltorganisationen sauer aufstößt: Um aufwändige Verfahren zu vermeiden, sollen Aufrüstungen von Stromleitungen von 220 kV auf 380 kV ohne Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden können. Das beschleunige die Umsetzung der in diesem Bereich geplanten Vorhaben, heißt es im Gipfel-Papier. Mit Investitionen im Volumen von 700 Millionen Euro könnten demnach 2500 Arbeitsplätze im Jahr geschafft werden.

Konkret in der Pipeline sind u. a. die Netze von Zell am Ziller (Zilltertal) nach Westtirol und von Obersielach (Kärnten) nach Lienz. Beide Projekte sind Teil europaweit prioritärer Energievorhaben und sollen die Leitungen nach Italien bzw. Deutschland verbessern. Weitere Vorhaben dürften folgen, sie hängen aber von den Plänen der jeweiligen Stromgesellschaften ab.

Erosion versus Impuls

Was die Regierung als Konjunkturimpuls darstellt, stellt für den Umweltdachverband eine "Erosion von Umweltstandards" dar, wie deren Geschäftsführer Michael Proschek-Hauptmann erklärt. Stimmt nicht, verlautet aus dem Wirtschaftsministerium und verweist auf den Text der Vereinbarung. Dort heißt es: "Upgrades bestehender Trassen sollen von der generellen UVP-Pflicht ausgenommen werden, wenn es zu keiner Verschlechterung für die Anrainer kommt. Dies wird nötigenfalls in einer UVP-Novelle bis spätestens Mitte 2016 klargestellt." Soll heißen: Bei den Aufrüstungen bleiben Masten und Trassen gleich, es werden nur die Leitungen und deren Befestigungen adaptiert.

Das lässt Proschek-Hauptmann nicht gelten. Wenn Anrainer keine Verschlechterungen zu erwarten hätten, werde es auch keine Probleme mit der UVP geben, meint er. "Das wird es massiven Widerstand geben." Der Umweltschützer ist auch deshalb alarmiert, weil laufend Umweltstandards unterlaufen würden. Als Beispiel nennt er das jüngste Vorhaben Salzburgs, ein Drittel der Naturschutzverfahren einzusparen. Davon betroffen sollen auch zahlreiche Energieprojekte sein.

Energieinfrastrukturbehörde

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, der für Energie zuständig ist, hat erst zu Jahresbeginn mit einem Vorhaben aufhorchen lassen: Eine neue Energieinfrastrukturbehörde soll laut Entwurf über die Genehmigung von Projekten mit EU-weiter Bedeutung entscheiden, wenn die UVP schon zu lange dauert. Ländervertreter und Umweltministerium sprachen daraufhin von verfassungswidrigen Eingriffen in die Kompetenzbestimmungen. Das Vorhaben steckt immer noch im Parlament fest. (as, 01.11.2015)