Ankara – In der Türkei hat am Sonntagmorgen die Neuwahl des Parlaments begonnen. Mittlerweile sind die Wahllokale geschlossen. Es ist bereits die zweite Wahl in diesem Jahr. Sie wurde nötig, weil Koalitionsgespräche der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan nach der Abstimmung im Juni scheiterten.

In der Kurdenmetropole Diyarbakir sind offenbar internationale Wahlbeobachter festgenommen worden. Wie die kurdisch-stämmige österreichische Grünen-Abgeordnete Berivan Aslan am Sonntag twitterte, seien unter den Festgehaltenen fünf Italiener und ein US-amerikanischer Staatsbürger. Zudem seien auch noch ausländische Dolmetscher festgenommen worden.

Über die genaue Anzahl der Festgenommenen machte die Grünen-Politikerin keine Angaben. In der ostthrakischen Stadt Kirklareli sei zudem der Bezirksobmann der prokurdischen Partei HDP festgenommen worden, berichtete Aslan auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Laut der Internetzeitung "Radikal" sind 37.500 Polizisten im Einsatz, um die Sicherheit zu gewähren. Wegen der Terrorgefahr wurde in der Türkei die Umstellung auf die Winterzeit um zwei Wochen verschoben, um die Wahllokale noch bei Tageslicht schließen zu können.

Umfragen zufolge sieht es nicht danach aus, dass die AKP zuletzt verlorene absolute Mehrheit zurückgewinnen kann. Sollte sie weniger als die Hälfte der 550 Parlamentssitze auf sich vereinigen, gilt die sozialdemokratische CHP als aussichtsreicher Koalitionspartner. Auch ein Bündnis mit der nationalistischen MHP ist denkbar. Spannend dürfte auch werden, ob die pro-kurdische HDP erneut den Sprung über die Zehn-Prozent-Hürde schafft.

Die Wahl findet vor dem Hintergrund eines abkühlenden Wirtschaftswachstums statt. Außerdem spielte im Wahlkampf der wieder ausgebrochene Kurden-Konflikt und die durch den Bürgerkrieg im Nachbarland Syrien entstandene Flüchtlingskrise eine Rolle. (APA/Reuters, 1.11.2015)