Den einen zu viel, den anderen viel zu wenig ist die Entscheidung von US-Präsident Barack Obama, erstmals offiziell US-Militär-"Stiefel am Boden" nach Syrien zu entsenden, die die syrischen Kurden gegen den "Islamischen Staat" unterstützen sollen. Die Antiinterventionisten erinnern daran, dass auch der Vietnamkrieg mit dem Einsatz einer Gruppe Militärberater begann. Das andere Lager kritisiert, dass die Einsicht, dass die US-Strategie in Syrien gescheitert ist, nicht gleich zu einer klareren Kurskorrektur und deutlich mehr Engagement führt.

Alle US-Aktionen sehen nun wie eine Reaktion auf die in den Wiener Gesprächen kulminierte russische Syrien-Initiative aus. Obwohl die USA die syrischen Kurden schon zuvor unterstützten, müssen sie sich heute noch mehr um sie bemühen: Die Russen warten nur darauf einzuspringen. Und letztlich geht es darum, wer bei der Wiedereinnahme von Raqqa, momentan die syrische IS-Hauptstadt, federführend sein wird.

Die von den syrischen Kurdenmilizen YPG angeführte Koalition, die Raqqa befreien soll, gibt sich den beruhigenden Namen "Syrische Demokratische Armee". Aber das ändert nichts daran, dass die Türkei in der YPG eine Filiale der türkisch-kurdischen PKK sieht. Für Ankara ist die Aufwertung der syrischen Kurden ein harter Brocken: Aber ohne Türkei können die in Wien geschmiedeten Befriedungspläne für Syrien gleich begraben werden. (Gudrun Harrer, 1.11.2015)