Er ist zurück, und das mit unglaublichem Schwung: Tayyip Erdoğan, der autokratisch regierende Staatschef der Türkei, stand gar nicht zur Wahl, und doch hat ihm eine Rekordzahl an Wählern eine absolute Mehrheit für weitere vier Jahre verschafft. Die konservativ-islamische AKP kann wieder allein regieren, fünf Monate Patt im Parlament sind vorbei.

Erdoğan sprengt alle politischen Dimensionen. Dass die Meinungsforscher nun auch in der Türkei monatelang danebenlagen und die Stimmung in der Bevölkerung nicht richtig erfassten, ist nach den Erfahrungen in Großbritannien, Griechenland oder bei der Wien-Wahl in diesem Jahr nicht ganz unerwartet. Dennoch: Die Türkei tickt anders als Europa. Nach 13 Jahren an der Macht hat die konservativ-islamische AKP ihren Stimmanteil nochmals deutlich vergrößert. Trotz Verfalls der Lira, Knebelung der Medien, Terroranschlägen und 200 toter Soldaten und Polizisten.

Oder genau deswegen. Die Mehrheit der Türkei steht rechts. Sie vertraut in diesen schwierigen Zeiten dem mächtigen Mann. Sie übersieht lieber die Repression und fragt nicht weiter nach den Ursachen der Gewalt, die das Land erschüttert. Gewonnen haben Erdoğan und seine AKP, weil es eine massive, so nicht vorhergesehene Wählerwanderung von der rechtsgerichteten Partei MHP gab. Erdoğan, der den Kurden der Untergrundarmee PKK den Krieg erklärte, hat damit die Nationalisten gewonnen. (Markus Bernath, 2.11.2015)