Der neu entwickelte Sprungschlitten macht ein Sprungtraining in horizontaler Lage sowie in Schwerelosigkeit möglich.

Foto: Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Köln

Für den Test eines innovativen Astronauten-Trainingskonzepts der Europäischen Raumfahrtbehörde (ESA) müssen 24 Probanden zwei volle Monate ununterbrochen das Bett hüten. Das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln durchgeführte Experiment soll die Auswirkungen von Schwerelosigkeit auf den Körper simulieren. Die beteiligten Forscher ermitteln anhand der Studie, wie effektiv ein neuartiges von Sportwissenschaftern der Universität Konstanz entwickeltes Trainingsgerät für Astronauten den Verlust von Muskel- und Knochenmasse verhindern kann.

"Reaktive Sprünge" in der Schwerelosigkeit

Das Konstanzer Trainingsprogramm für Astronauten basiert auf sogenannten "reaktiven Sprüngen". Ein "reaktiver Sprung" entsteht, wenn ein Sportler nach einem ersten Absprung wieder auf dem Boden aufkommt und sofort weiterspringt. "Auf Knochen und Muskeln wirken in diesen Sprüngen sehr hohe Kräfte, kurzzeitig bis zu 10.000 Newton, die Gewichtskraft eines Kleinwagens. Bei keiner anderen natürlichen Bewegung des Menschen werden ähnlich hohe Kräfte für die Beinmuskeln und -knochen erzeugt", erläutert Andreas Kramer, der gemeinsam mit Markus Gruber an der Universität Konstanz das Trainingskonzept für Astronauten entwickelt hat.

"Reaktive Sprünge" bieten somit die höchstmögliche Beanspruchung für Muskeln und Knochen und könnten eine ideale Übung für Astronauten sein, um dem Knochen- und Muskelabbau in der Schwerelosigkeit entgegenzuwirken. Auf dieser Grundlage entwickelten die Konstanzer Forscher in Zusammenarbeit mit Novotec Medical, Airbus Defence and Space, der Universität Freiburg, dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie der ESA ein Trainingsgerät, das "reaktive Sprünge" in Schwerelosigkeit möglich macht. Die Astronauten werden in einen "Sprungschlitten" eingespannt, der sie nach dem Absprung nicht davonschweben lässt, sondern mit einer Gegenkraft in Höhe der Erdgravitation wieder zurück auf den Boden bringt.

Hohes Potential für Anwendung auf der Erde

Bei erfolgreichem Test könnte das Trainingsgerät auf der Internationalen Raumstation ISS zur Anwendung kommen. Über die Weltraummission hinaus ist das Trainingsgerät jedoch auch für einen Einsatz auf der Erde hochinteressant. Es macht horizontale Sprünge in Liegeposition möglich, wobei die Gegenkraft variabel eingestellt werden kann. Dadurch können Sprünge ausgeführt werden, die das Bein weniger belasten als die Schwerkraft. Unter anderem für den Muskelaufbau nach Beinverletzungen oder als Vorbeugung für Osteoporose könnte das Trainingsgerät zum Einsatz kommen. (red, 2.11.2015)