Wolfsburg – Volkswagen will mit Brasiliens Justiz über eine Form der Wiedergutmachung für seine mutmaßliche Zusammenarbeit mit der Militärdiktatur (1964-1985) verhandeln. In einer E-Mail an die Zeitung "O Estado de São Paulo" erklärte der Leiter der Historischen Kommunikation bei VW, Manfred Grieger, er habe mit Justizvertretern über mögliche Lösungen gesprochen, wie das Blatt am Sonntag berichtete.

"Eine Idee könnte es sein, gemeinsam mit brasilianischen Institutionen wie etwa den Gewerkschaften eine Gedenkschrift zu entwickeln", sagte Grieger demnach.

Ehemalige Beschäftigte sowie Aktivisten hatten im September Anzeige gegen den Konzern erstattet, weil er die Verfolgung und Folterung von Gegnern der Diktatur erlaubt habe. So soll der Konzern zugelassen haben, dass zwölf Arbeiter einer Fabrik am Rand von São Paulo festgenommen und gefoltert wurden. Zudem sollen Mitarbeiter von Volkswagen "schwarze Listen" von Oppositionellen erstellt haben. Die Kläger verlangen von Volkswagen Schadensersatzzahlungen.

Vorwürfe werden geprüft

Die Staatsanwaltschaft muss die Vorwürfe nun prüfen, eine außergerichtliche Einigung ist möglich. Die Anzeige wurde von Anwälten der Nationalen Wahrheitskommission eingereicht, die 2012 von Präsidentin Dilma Rousseff, die selbst aus dem Untergrund gegen die Diktatur kämpfte, zur Aufklärung der Verbrechen während der Militärherrschaft ins Leben gerufen worden war. Grieger traf sich im Oktober bei einem Besuch in Brasilien mit Justizvertretern.

Die Anzeige fällt mit dem Skandal um manipulierte Abgaswerte zusammen: VW hatte Anfang Oktober eingeräumt, Abgaswerte von Dieselfahrzeugen durch eine Software manipuliert zu haben. Bei Tests auf dem Prüfstand führte das Programm zu einem niedrigeren Schadstoffausstoß als im Normalbetrieb. Weltweit wurde die Software in bis zu elf Millionen Autos eingebaut. Dem Konzern droht nun eine Prozesslawine. (APA, 2.11.2015)