Jetzt hat auch Papst Franziskus sein "Vatileaks": Im Kirchenstaat wurden am Wochenende zwei "Maulwürfe" festgenommen, die vertrauliche Dokumente an die Medien weitergeleitet haben sollen. Bei den Festgenommenen handelt es sich um Monsignore Lucio Ángel Vallejo Balda (54) und um Francesca Immacolata Chaouqui (33). Beide waren in der vom Papst zur Durchleuchtung der Vatikanfinanzen eingesetzten Finanz- und Wirtschaftskommission "Cosea" tätig gewesen.

Die Cosea ist vom Papst inzwischen aufgelöst worden; die Dokumentendiebstähle müssen also vor mehreren Monaten erfolgt sein. Aber sie gingen offenbar an anderer Stelle weiter: Dieser Tage berichteten Medien, dass der Computer des Vatikan-Revisors Libero Milone angezapft worden sei.

"Früchte schweren Verrats"

Vallejo Balda und Chaouqui wird vorgeworfen, vertrauliche Dokumente an die italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi und Emilio Fittipaldi weitergeleitet zu haben. Die beiden Autoren werden diese Woche zwei neue Enthüllungsbücher zum Finanzgebaren im Kirchenstaat vorstellen.

Vatikansprecher Federico Lombardi betonte, dass diese Bücher "Früchte eines schweren Verrats am Vertrauen des Papstes" darstellten. "Derartige Publikationen schaffen in keiner Weise Klarheit, sondern nur Konfusion und tendenziöse Interpretationen."

Verbindung zu Opus Dei

Knapp drei Jahre nach dem ersten "Vatileaks"-Skandal hat nun also Papst Franziskus seinen Skandal. Unter Benedikt XVI. war es der Butler Paolo Gabriele gewesen, der vom päpstlichen Schreibtisch vertrauliche private Dokumente gestohlen hatte; in der neuen Affäre sind es zwei Mitarbeiter einer wichtigen Kommission, deren Arbeit zu einer Neustrukturierung der vatikanischen Finanzadministration und der Schaffung eines zentralen Wirtschaftssekretariats des Heiligen Stuhls geführt hatte. Das Aufräumen der Vatikanbank IOR und der Vatikanfinanzen ist für Franziskus ein dringliches Reformanliegen.

Was die beiden neuen Maulwürfe mit ihren Indiskretionen bezwecken, wird man wohl erst wissen, wenn man die beiden neuen Bücher gelesen haben wird, die auf den vertraulichen Dokumenten beruhen. Sowohl Vallejo Balda als auch Chaouqui stehen dem erzkonservativen Geheimorden Opus Dei nahe. Fest steht, dass im Vatikan wie vor drei Jahren ein erbitterter Machtkampf zwischen Reformern und Konservativen im Gange ist. Bei Benedikt XVI. galt der "Vatileaks"-Skandal als einer der Gründe, warum er als erster Papst der Neuzeit im Februar 2013 seinen Rücktritt erklärt hatte. (Dominik Straub aus Rom, 2.11.2015)