Istanbul – Nach dem Sieg der Partei von Staatschef Recep Tayyip Erdogan bei der Parlamentswahl in der Türkei hat die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Gewalt im Wahlkampf kritisiert. Zudem sei durch das Präsidentenlager eine freie Medienberichterstattung behindert worden, erklärten die OSZE-Wahlbeobachter am Montag in Ankara. Der Bericht über den Urnengang wurde von der OSZE gemeinsam mit Beobachtern des Europarates und des Europaparlaments erstellt.

Auch das Weiße Haus hat Repressionen gegen Medien während des Wahlkampfs kritisiert. Die US-Regierung sei "tief beunruhigt, dass Medienhäuser und einzelne Journalisten, die der Regierung kritisch gegenüberstehen, unter Druck gesetzt und eingeschüchtert wurden", hieß es am Montag aus Washington.

Die US-Regierung habe öffentlich und in vertraulichen Gesprächen ihre Sorge vor Einschränkungen der "Presse-, Rede- und Versammlungsfreiheit" zum Ausdruck gebracht, erklärte der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Josh Earnest. Washington erwarte, dass die türkische Regierung "allgemeine demokratische Werte" achte, sagte Earnest. Obama wird Erdogan Mitte November beim Gipfeltreffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) im türkischen Antalya treffen.

Bei der Wahl am Sonntag hatte Erdogans AKP die absolute Mehrheit im Parlament erobert und kann nun wieder allein regieren. Das Ergebnis gilt als Erfolg für den Präsidenten, der seine Befugnisse per Verfassungsreform ausweiten will. Er hatte die Neuwahl angesetzt, weil seine Partei nach der Parlamentswahl im Juni ihre absolute Mehrheit verloren hatte und keine Regierungskoalition zustande gekommen war.

Der Generalsekretär des Europarates, Thorbjörn Jagland, gratulierte Premierminister Ahmet Davutoglu und zeigte sich überzeugt, dass die Regierung die Initiative ergreifen werde, um die zahlreichen Herausforderungen, vor denen die Türkei stehe, zu bewältigen und eine "inklusive Gesellschaft" schaffen werde. Der Europarat freue sich auf Dialog und Zusammenarbeit, unter anderem beim Thema Flüchtlinge, Reform der Justiz und Meinungsfreiheit, so Jagland in einer Aussendung. (APA, 2.11.2015)