Der Mechanismus, der die Wechselwirkung zwischen Atmosphäre und Ozean im Pazifik bestimmt, heißt El Niño – Southern Oscillation (ENSO) und ist der stärkste Regelkreis für Klimavariabilität auf der Erde. ENSO bestimmt, wie Luft und Wasser im Pazifik bis hin zum Indischen Ozean zirkulieren und führt damit zu außergewöhnlichen jahreszeitlichen Witterungen in den Tropen und darüber hinaus.

Dabei stört ENSO zuallererst die durchschnittlichen Bedingungen des tropischen Zirkulationssystems und verursacht Anomalien: Das Phänomen "El Niño" ist weltweit gefürchtet, da es zu extremen Verhältnissen führt, wie beispielsweise Dürre, Stürme, Überschwemmungen oder Hitzewellen. In bodennahen Schichten sind ENSO und seine Auswirkungen bereits gut erforscht. Aber welchen Einfluss hat ENSO auf Gebirge und Gletscherregionen? Dieser Frage gehen Wissenschafter um Klimatologe Thomas Mölg zusammen mit Kollegen der Universität Innsbruck, der University of Massachusetts und der neuseeländischen University of Otago in einem Projekt die nächsten drei Jahre nach.

Auswirkungen auf Eis im Gebirge

Ziel ist es, ein Rechenmodell zu erstellen, das sowohl die Auswirkungen von ENSO auf Gletscher und Gebirge in verschiedenen Klimazonen, als auch die Einflüsse auf die großräumige Klimadynamik einbezieht – und das über eine Zeitspanne von mehreren Jahrzehnten. "Unser Modell soll simulieren können, wie die jahreszeitlichen Wetteränderungen im Pazifik durch ENSO in Gebirgsregionen ankommen", erklärt Mölg von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Nur mit Hilfe von Supercomputern, wie etwa am Regionalen Rechenzentrum Erlangen, lassen sich solche komplexen Simulationen durchführen.

In das umfangreiche Modell laufen dabei Daten aus einzigartigen Messungen in sehr großer Höhe ein. Das internationale Forscherteam betreibt unter anderem die höchste Wetterstation Afrikas: Rund 20 Meter unterhalb des Gipfels des Kilimandscharos sammeln die Klimatologen schon seit vielen Jahren Klimadaten. Dabei müssen diese sowie die anderen Stationen regelmäßig besucht und gewartet werden, denn die Bedingungen auf ca. 6.000 Meter sind nicht nur für Menschen, sondern auch für die Messgeräte eine große Herausforderung. Qualitativ hochwertige Messdaten aus hohen Luftschichten sind deshalb nach wie vor Mangelware. Weitere Wetterstationen des internationalen Teams, die in das Projekt einfließen, stehen in Südamerika und Neuseeland.

Einflüsse durch den Klimawandel

Besonders interessant werden die Berechnungen im Modell für die jüngsten Jahrzehnte aufgrund des Klimawandels. Denn dieser wirkt auch auf ENSO ein. "Durch den Klimawandel kann ENSO seltener oder häufiger vorkommen, mehr oder weniger intensiv, und auch die Zonen, die ENSO beeinflusst, können sich verschieben", erklärt Mölg. "Diese geänderte Rahmenbedingung muss in der Auswertung der Modellrechnungen und Messungen genauestens berücksichtigt werden."

Mithilfe der Ergebnisse wollen die Wissenschafter die Frage beantworten, wie die Koppelung zwischen großräumiger, bodennaher Klimavariabilität und dem Klima in höheren Luftschichten physikalisch abläuft. "Ganz generell wird dies unser Verständnis der Funktionsweise des Klimas erweitern, was für bessere Abschätzungen des zukünftigen Klimas entscheidend ist", erklärt Mölg. (red, 8.11.2015)