Kaum ein Tag vergeht ohne Meldungen über das Kentern von Booten, die vor allem syrische Flüchtlinge auf dem wenige Kilometer langen Seeweg von der Türkei auf eine der griechischen Inseln wie Lesbos bringen. Und immer häufiger werden die Fälle, in denen Menschen – vor allem Kinder und Alte – hilflos ertrinken, weil es zu wenige Helfer gibt oder die Behördenboote zu spät kommen.

Seit Freitag wurden nach Angaben aus Athen 1.400 Migranten aus den Gewässern der Ägäis gerettet. 49 Menschen sind ertrunken, darunter 31 Kinder. Seit Ende September, als das Foto einer am Sandstrand liegenden Leiche eines Jungen weltweit für Entsetzen gesorgt hatte, seien allein auf Lesbos 40 Kinder gestorben, berichtete am Wochenende ein Brite auf Facebook, der dort als freiwilliger Helfer mit seiner Frau tätig ist. Er erhob schwere Vorwürfe gegen die EU-Grenzschutzbehörde Frontex, aber auch die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR.

Nicht geliefert

Diese würden die Lage zwar beobachten, aber zur Nothilfe und zur Rettung der Menschen aus dem Meer kaum etwas beitragen. Die UN habe Zelte und Infrastruktur zwar immer angekündigt, aber nicht geliefert. Das wurde von einer britischen Journalistin, die selbst an einer Rettungsaktion beteiligt war, bestätigt. Ohne private Helfer würden viel mehr Menschen sterben.

Dass die Hilfe aus anderen EU-Staaten mehr als schleppend anläuft, dokumentiert die EU-Kommission durch die Publikation der aktuellen Daten zur Finanz- und Beamtenhilfe. Letzter Stand: Von elf geplanten "Hotspots" in Griechenland und Italien funktionieren erst zwei (Lampedusa, Lesbos). Von den 160.000 Plätzen, die für Flüchtlinge versprochen wurden, haben erst 14 EU-Staaten reagiert und insgesamt 1.375 Plätze angeboten. (Thomas Mayer aus Brüssel, 2.11.2015)