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Vorarlbergs Wirtschaft profitiert von den starken Industrieunternehmen – wie etwa dem Seilbahnbauer Doppelmayr.

Foto: APA / dpa-Zentralbild / Jan Woitas

Wien – Dass Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) an das Christkind glaubt, ist unwahrscheinlich, was er auf seinen Wunschzettel ganz oben hinschreiben würde, aber nicht schwer zu erraten: weniger Arbeitslose. Vor vier Jahren, im Dezember 2011, konnte sich der Minister zuletzt vor die Presse stellen und die freudige Nachricht verlauten: Die Arbeitslosigkeit ist gesunken.

In zwei Bundesländern müssen die Menschen aber nicht auf das Christkind hoffen. In Tirol und in Vorarlberg ist die Arbeitslosigkeit nämlich bereits im vergangenen Monat, im Oktober, zurückgegangen, wie die neuesten Zahlen des AMS zeigen. In Vorarlberg waren im Oktober 46 Menschen weniger arbeitslos oder in einer Schulung als noch im Jahr zuvor, in Tirol 99. Bei fast 411.000 Arbeitslosen in ganz Österreich mag das lächerlich wirken, und in der Tat können die beiden relativ kleinen Bundesländer den großen, negativen Trend im Land nicht stoppen.

Starkes Ost-West-Gefälle

Trotzdem ist die gegenläufige Entwicklung einen genaueren Blick wert, denn im Osten explodiert die Arbeitslosigkeit weiter. In Wien waren mit Ende Oktober knapp 15.000 Menschen mehr arbeitslos oder in einer AMS-Schulung als noch im Vorjahr, ein Plus von 10,9 Prozent. Das Ost-West-Gefälle im Land verstärkt sich also. Woran aber liegt das?

"Vorarlberg schafft relativ gesehen mit Abstand die meisten Jobs in ganz Österreich", sagt Helmut Hofer vom Institut für Höhere Studien (IHS). "Was mich ein bisschen wundert, weil die Region stark von der Industrie abhängig ist, die gerade schwächelt." Schon im Vorjahr konnte sich Vorarlberg aber von der Entwicklung im Rest des Landes entkoppeln. Die Industrieproduktion stieg um elf Prozent an, während sie bundesweit um satte 2,6 Prozent schrumpfte.

Breiter aufgestellt

"Wir sind massiv von Exporten abhängig", sagt Marco Tittler von der Vorarlberger Wirtschaftskammer. "Das bekamen wir in der Krise stark zu spüren. Die Betriebe haben die Schwächephase aber genutzt, um sich breiter aufzustellen." Vor allem Asien und Nordamerika hätten an Bedeutung gewonnen. Die Exporte in die USA und Kanada haben zwischen 2010 und 2014 etwa um mehr als die Hälfte auf 470 Millionen Euro zugelegt. Die Ausfuhren in traditionelle Märkte wie Deutschland oder die Schweiz stagnieren.

"In Tirol läuft der Tourismus sehr gut", sagt AMS-Chef Johannes Kopf. Zwischen Mai und September war die Zahl der Nächtigungen um 4,7 Prozent höher als noch im Vorjahr. "Die schönen Tage im Oktober haben noch einen Kick gegeben", so Kopf. Das schwappe auch auf andere Branchen wie den Handel oder das Gewerbe über. Auch im Bau oder bei den Zeitarbeitern sei die Arbeitslosigkeit rückläufig.

Deutliches Arbeitskräfteplus

Man dürfe das kleine Minus von 0,3 Prozent bei den Arbeitslosen aber nicht überbewerten, sagt Kopf. "Es ist aber jedenfalls eine Stabilisierung." Gleichzeitig steigt das Angebot an Arbeitskräften in Tirol nur wenig, im September suchten 0,7 Prozent mehr Menschen einen Job. In Wien waren es 2,8 Prozent, was am starken Zuzug aus Österreich und der EU liegt.

Bundesweit setzte sich im Oktober indessen der schon länger anhaltende Trend fort. Zwar gibt es mehr Jobs (plus 0,9 Prozent), die Zahl der Menschen, die eine Stelle suchen, ist aber stärker gestiegen (plus 1,4 Prozent).

Zeichen der Entspannung

Die Arbeitslosigkeit steigt zwar nicht mehr so stark wie im ersten Halbjahr, klettert aber laut Wifo-Berechnungen saisonbereinigt auf 10,9 Prozent, wenn man die Schulungsteilnehmer beim AMS hinzurechnet. 2008 lag der Wert noch bei sieben Prozent. Erste Anzeichen der Entspannung sieht Sozialminister Hundstorfer. Heuer hätten bereits 504.000 Personen wieder einen Job gefunden, heißt es in einer Aussendung. Das seien 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der offenen Stellen hat um fast ein Viertel zugenommen.

Vor allem bei Ausländern steigt die Arbeitslosigkeit weiter stark. Im Oktober waren 14,1 Prozent mehr ohne Job als noch vor einem Jahr (Inländer: plus 2,5 Prozent). Was die Branchen betrifft, fällt der größte Anstieg mit plus fünf Prozent auf das Gesundheits- und Sozialwesen, auch im Handel ist der Anstieg mit vier Prozent hoch.

Mit Ende Oktober waren knapp 26.000 Akademiker ohne Job. Das sind 15,1 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Personen mit maximal einem Pflichtschulabschluss machen zwar den Großteil der Arbeitslosen aus, der Anstieg betrug im Oktober aber nur 4,9 Prozent. Die Zahl der Arbeitslosen mit Lehre stieg um 3,7 Prozent. (Andreas Sator, 2.11.2015)