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Zumindest die Reise hat sich gelohnt: François Hollande rang China Zugeständnisse in Sachen Klima ab.

Foto: AFP/Witt

Noch vergangene Woche zeigte sich UN-Klimachefin Christina Figueres skeptisch, ob die angestrebte Beschränkung auf eine Temperaturerhöhung um 1,5 bis zwei Grad bis zum Jahrhundertende realisierbar sei. Bei einer Konferenz in Bonn erklärte sie, die von 146 Staaten eingereichten nationalen Klimaziele ergäben umgerechnet eine Zunahme um 2,7 Grad. Die Differenz von einem Grad mag minimal erscheinen. Sie kann aber gewaltige Folgen haben, wie der belgische Klimatologe Jean-Pascal van Ypersele von der Universität Louvain schätzt: Die Wahrscheinlichkeit, dass das Grönlandeis langfristig vollkommen schmilzt – was den Ozeanspiegel um bis sieben Meter steigen lassen könnte –, sei bei einer Klimaerwärmung um drei Grad ungleich höher als bei einer Zunahme um zwei Grad.

Am Montag gab es nun aber Fortschritte in einem zentralen Punkt. China, das allein ein Viertel der weltweiten Treibhausgase produziert, erklärte sich am Montag zu einem "ehrgeizigen und verbindlichen" Abkommen in Paris bereit. Eine entsprechende bilaterale Erklärung unterzeichneten der chinesische Präsident Xi Jinping und der französische Staatschef François Hollande in Peking.

Keine konkreten Zusagen

China zeigt sich insbesondere bereit, dass eine "vollständige Revision" der Klimaziele "alle fünf Jahre" stattfinden könne. Sie soll die erreichten Fortschritte festhalten, danach werden gegebenenfalls die getroffenen Maßnahmen verschärft. Den französischen Unterhändlern gelang es nicht, den Chinesen konkrete Zusagen über allfällige Sanktionen abzuringen, sollte ein Land seine Versprechen nicht einhalten. Peking hält dies für unvereinbar mit der "nationalen Souveränität".

Einzelne Nichtregierungsorganisationen sind deshalb der Meinung, dass die Fünfjahresrevision zahnlos bleibe; Kritiker erklären sogar, dass Hollande nur deshalb auf die Einrichtung von "Fünfjahresplänen" gedrängt habe, weil das offizielle Zweigradziel ohne sie nicht mehr realistisch gewesen sei. Wird dieses Ziel aber verpasst, gilt die Konferenz als ähnlich gescheitert wie die Vorgängerkonferenz in Kopenhagen im Jahr 2009.

Wachstumsschwund frisst Klimazusagen

Der französische Außenminister Laurent Fabius verweist allerdings darauf, dass bis am Wochenende nicht einmal sicher gewesen sei, dass sich die chinesische Führung prinzipiell auf eine Fünfjahresprozedur einlassen wolle. Die Verlangsamung des chinesischen Wirtschaftswachstum schmälert eben auch die Bereitschaft für eine beherzte Klimapolitik. Hollande erklärte deshalb am Montag in Peking, sein Abkommen mit Xi Jinping sei ein "großer Schritt" zu einem erfolgreichen Abkommen in Paris. "Dank dieser gemeinsamen Erklärung haben wir die Bedingungen vereinigt, um einen Erfolg möglich zu machen."

Dass sich Hollande sogar zu Bemerkung verstieg, seine China-Visite sei "historisch", hat zwar eher innen- und wahlpolitische als reale Grundlagen. Immerhin hat es der in Frankreich sehr unpopuläre Präsident aber dank seines persönlichen Einsatzes geschafft, dass die zentrale Teilnehmernation China anders als in Kopenhagen einen verbindlichen und substanziellen Beschluss der Klimakonferenz nun mittragen will.

Klimapolitiker erhoffen sich dadurch nicht nur, dass China weiterhin Kohlekraftwerke schließen und die CO2-Ausstoß bis 2030 wie versprochen stabilisieren wird; als Mitglied des G77-Gremiums hat Peking auch beträchtlichen Einfluss auf die Haltung von Schwellen- und ärmeren Ländern. Auch wenn sich noch erweisen muss, wie zwingend das Revisionsverfahren sein wird, dürfte sich das Szenario von Kopenhagen, wo sich Amerikaner und Chinesen gemeinsam quergelegt hatten, in Paris nicht mehr wiederholen. (Stefan Brändle aus Paris, 2.11.2015)