Raumplaner Christoph Gretzl gewann einen Preis des Sozialministeriums.

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Die Gesellschaft altert rapid. Eine wachsende Zahl von Menschen muss versorgt werden, was dem Staat aus finanzieller Sicht immer stärker zu schaffen macht. Der 26-jährige Christoph Gretzl hat in seiner Diplomarbeit erforscht, wie die Pflege der Zukunft hierzulande sozial und finanziell effizienter gestaltet werden kann. Die an der TU Wien eingereichte Untersuchung wurde heuer mit dem Wissenschaftspreis des Sozialministeriums für Jungakademiker (erster Platz) ausgezeichnet.

Gretzl verglich in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland die 24-Stunden-Pflege zu Hause mit stationären Pflegeangeboten im Heim. Dabei bediente sich der gebürtige Wiener eines neueren wirtschaftswissenschaftlichen Ansatzes – der sogenannten SROI-Analyse (Social Return on Investment). Bei diesem Zugang wird nicht nur die bloße finanzielle Rentabilität ermittelt, sondern vielmehr die Frage gestellt, wie und in welchem Umfang vor allem auch ein gesellschaftlicher Mehrwert erwirtschaftet wird.

Sein Ergebnis: Insgesamt schneidet hier die 24-Stunden-Betreuung besser ab – jedoch relativiert sich das Ergebnis, wenn man die Bundesländer vergleicht: "Im Burgenland ergibt sich im stationären Bereich ein ähnlich hoher Koeffizient wie für die 24-Stunden-Betreuung in Wien", konstatiert Gretzl. Das erkläre sich neben strukturellen Faktoren auch dadurch, dass in der Hauptstadt die Personalkosten im Pflegebereich insgesamt höher sind und das Land diese Kosten durch entsprechende Förderungen ausgleicht.

Für den jungen Diplomingenieur, der in Wien und mit einem Erasmus-Stipendium in Madrid studiert hat, ist das aber nur eine Zwischenlösung, da der Anstieg der Betreuung zu Hause rund um die Uhr langfristig nicht vom Staat gesichert werden kann. Als Raumplaner mit Masterabschluss an der TU Wien hält er es für ratsam, die Systeme im Blick auf die Eigenheiten in einzelnen Regionen flexibel zu gestalten: Um dem steigenden Bedarf und damit den wachsenden Kosten der Zukunft im Bereich der Pflege weiterhin gerecht zu werden, sind neue Lösungen und Mischformen gefragt.

Gretzl empfiehlt, nicht bloß auf ein System zu setzen, sondern in Zukunft auch neue Wohnformen, Tagesbetreuung und teilstationäre Dienste in Verbindung mit stationären Pflegeheimen anzubieten. Zu seinen Ergebnissen ist Gretzl aber nicht nur durch die kühle Zahlenanalyse gekommen. Er hat sich auch vor Ort in Pensionistenheimen umgeschaut und dort die pflegebedürftigen Bewohner befragt.

Das war nicht immer einfach, berichtet Gretzl, der auch beruflich dem Thema treu bleibt und beim Krankenhausmanagementdienstleister Vamed angeheuert hat: "Da sind sehr viele Emotionen im Spiel. Auf meine Frage, was sie sich von der Einrichtung wünschen, haben einige unter Tränen geantwortet, dass sie eigentlich nur noch sterben wollen. Im Bereich der Pflege stellen sich natürlich unangenehme Fragen, aber dieses Thema muss diskutiert werden." (Johannes Lau, 8.11.2015)