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"Stoppt die Wucherer!", fordert die rechte Partei HCSP. Premier Milanović ist auf dem Plakat zu sehen, wie er einen Banker füttert, während das Volk hungert. Anfang 2015 gab die Schweiz die Bindung des Franken an den Euro auf, Kroatien fror darauf den Kuna-Franken-Wechselkurs für ein Jahr ein.

Foto: APA / EPA / ANTONIO BAT

Zagreb – "Das ist so ähnlich wie ein Zuchtprogramm für Kamillen am Nordpol", wetterte jüngst der Ökonom Ivan Lovrinović über das Wirtschaftsprogramm der konservativen HDZ. Am Sonntag wählen die Kroaten ein neues Parlament, und mit den Wirtschaftsthemen Bankenpolitik und Frankenkredite werden Stimmen gemacht. Lovrinović unterstützt die Partei Most (Brücke), die laut Umfragen an dritter Stelle liegt und zum Königsmacher zwischen den regierenden Sozialdemokraten und der HDZ werden könnte. Lovrinović ist so etwas wie der Robin Hood der Kreditnehmer.

Seit 30. September gilt ein Gesetz zur Zwangsumwandlung von Franken- in Euro-Kredite. Doch Lovrinović geht das noch nicht weit genug, er will eine Umwandlung in Kuna-Kredite, um das Zinsänderungsrisiko zu minimieren. Dabei kostet bereits die jetzige Zwangsumwandlung den Banken viel Geld – laut Berechnungen der EZB 1,1 Milliarden Euro. Insgesamt wurden in Kroatien Frankenkredite um drei Milliarden Euro von etwa 55.000 Personen aufgenommen. Drei Banken haben bereits geklagt. Der Hintergrund: Durch die Aufwertung des Franken in den vergangenen Jahren stiegen die Zinsen für die Frankenkredit-Nehmer, die diese für Wohnungen brauchten, massiv an. Viele Kroaten gerieten in Not, manche wurden enteignet.

Umwandlung verteidigen

Finanzminister Boris Lalovac, der selbst einen Frankenkredit laufen hat, will die Umwandlung um jeden Preis verteidigen und kündigte bereits eine Bankensteuer an. Kritiker sagen, dass von der Umwandlung eher wohlhabende Kroaten profitieren würden und die Regierung Wahlkampfgeschenke austeilen würde. Die Banken argumentieren, dass die Umwandlung EU-Recht widersprechen würde.

Nach dem neuen Gesetz gilt eine neue Zinsrate, die jener Euro-Zinsrate entspricht, die zu dem Zeitpunkt des Abschlusses des Kredits gegolten hatte. In bestimmten Fällen sind Banken sogar verpflichtet, Raten zurückzuzahlen. Die Banken müssen nun innerhalb von 45 Tagen nach dem 30. September den Kreditnehmern Berechnungen zukommen lassen, und diese müssen innerhalb von 30 Tagen zustimmen. Der kroatische Ökonom Vladimir Cavrak kritisiert die Zwangsumwandlung als populistisch und als Präzedenzfall, der zu "einem Stolperstein für die Zukunft werden kann". Er argumentiert, dass die Bürger, die Frankenkredite aufgenommen haben, nicht gleich behandelt würden wie andere, die dies nicht taten. Dies führe zu Ungerechtigkeit.

Strukturprobleme

Cavrak vermisst eine ernsthafte Auseinandersetzung der Parteien mit Wirtschaftsthemen, obwohl Kroatien tiefgreifende Strukturprobleme habe. Das Defizitverfahren der EU-Kommission, das seit Jahren läuft, sei bei der Wahl etwa gar kein Thema. Dabei muss Kroatien bis 2016 das Budget wieder in Ordnung bringen.

"Das bedeutet, dass unmittelbar nach der Wahl eine drastische Auseinandersetzung mit der Realität und unpopuläre Maßnahmen folgen werden", prognostiziert er. Erstmals dürfte die kroatische Wirtschaft nach sechs Jahren Rezession heuer leicht wachsen (0,4 Prozent des BIP). Doch dies reicht laut Cavrak nicht aus, um die Verschuldung zu bremsen. (Adelheid Wölfl, 4.11.2015)