Mikrostrukturierte Silizium‐Oberflächen weisen Wassertropfen so stark ab, dass sie in die Höhe katapultiert werden.

Foto: Digit Works / ETH Zürich

Zürich – Auf der Suche nach Materialien, die Wasser und Eis abstoßen, haben Forscher Wassertropfen das Trampolinspringen beigebracht. Sie schufen Bedingungen, unter denen bestimmte Oberflächen regelrecht allergisch auf Wasser reagieren – und Tropfen immer wieder und immer höher abstoßen, berichtet das Team um Dimos Poulikakos von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) im Fachmagazin "Nature".

"Wie ein Trampolinspringer, der mit jedem Sprung vom elastischen Sprungtuch an Höhe gewinnt, wurde auch der Wassertropfen bei jedem Kontakt mit der Oberfläche immer höher geschleudert, obwohl diese absolut starr war", so dir Forscher. Ihr Untersuchungsverfahren im ETH-Labor für Thermodynamik schildern sie so: Ein winziger Tropfen wurde auf eine speziell bearbeitete Silizium-Oberfläche gesetzt. Dann wurde der Luftdruck in der Experimentierkammer abgesenkt. Etwa bei einem Zwanzigstel des normalen Atmosphärendrucks begann der Tropfen zu hüpfen.

Überdruck-Katapult

Die Forscher fanden heraus, dass das Zusammenspiel der natürlichen Wasserverdampfung und der Mikrostruktur der Materialoberfläche eine entscheidende Rolle für das "Trampolin-Phänomen" spielt. "Der Überdruck, der durch die Verdampfung zwischen Oberfläche und Tropfen entsteht, schleudert diesen wie eine Feder bei jedem Aufprall in die Höhe", heißt es in einer Aussendung.

Die wichtigste Komponente sei die Materialoberfläche, die das Abstoßen von Wassertropfen bewirke. Es sei möglich, Materialen entsprechend zu designen, erklärte Poulikakos. In dem Experiment untersuchten die Forscher unter anderem oberflächenbehandeltes Aluminium und Kohlenstoff-Nanoröhren.

Die Nutzung des Trampolin-Effekts wäre auch für eisfreie Hochspannungsleitungen oder wasser- und eisabweisende Straßenbeläge denkbar. Allerdings: "Um den Trampolin-Mechanismus noch praxistauglicher zu machen, müsste man freilich soweit kommen, dass er auch bei normalem Luftdruck funktioniert."

Der Effekt ähnele dem sogenannten Leidenfrost-Phänomen, das auf heißem Untergrund tanzende Tropfen beschreibt – zum Beispiel auf einer heißen Herdplatte, schreiben Doris Vollmer und Hans-Jürgen But vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz in einem Kommentar in "Nature". Die Tropfen gleiten in diesem Fall auf einem Polster aus Dampf, Ursache ist kein Druck-, sondern ein Temperaturunterschied.

Das Ergebnis des Züricher Forscherteams sei faszinierend – eine Reduktion des Atmosphärendrucks sei allerdings keine praktikabler Weg zur Enteisung auf Außenflächen, so die MPI-Forscher. Zudem sei das Verfahren sehr energieaufwendig. "Nichtsdestotrotz haben die Autoren plastisch veranschaulicht, dass einfache Experimente zu überraschenden Ergebnissen führen können." (APA, red, 7.11.2015)