Bild nicht mehr verfügbar.
Auf der Facebook-Seite von Heinz-Christian Strache finden sich zahlreiche antisemitische Nutzerkommentare
Antisemitismus habe in der FPÖ "keinen Platz", stellte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl vergangenen Montag klar – und verkündete, dass die Nationalratsabgeordnete Susanne Winter deshalb aus der Partei ausgeschlossen wird. Winter hatte zuvor ein antisemitisches Posting auf ihrer Facebook-Seite unterstützt. Auf der Facebook-Seite von Parteiobmann Heinz-Christian Strache finden sich allerdings seit mehreren Tagen dutzende antisemitischer Nutzerkommentare, die unkommentiert stehen bleiben und nicht gelöscht wurden. Auch zu Neonazi-Bands wird verlinkt, wie "Stoppt die Rechten" berichtet. Die Initiative wird von der Grünen Bildungswerkstatt unterstützt.
Orbán als Ausgangspunkt
Ausgangspunkt für die antisemitischen Postings auf Straches Facebook und Winters eigenen Sager sind ähnlich: Beide hatten auf Artikel über Aussagen des ungarischen Premierministers Viktor Orbán verlinkt. Winter auf den "Spiegel", Strache auf die "Welt"; die Meldungen gleichen sich allerdings. Darin wird über Orbáns Angriff auf den US-amerikanischen Milliardär George Soros berichtet. Orbán hatte Soros vorgeworfen, indirekt für die Flüchtlingsbewegungen verantwortlich zu sein. Die Orbán-Sager werden von Experten als subtil antisemitisch bewertet. So berichtete STANDARD-Korrespondent Gregor Mayer aus Budapest: "Orbán achtet darauf, keine offen antisemitischen Floskeln von sich zu geben – doch in dem, was er sagt, schwingt für sein Publikum stets das 'eigentlich Gemeinte' mit: Am Ende sind die Juden schuld."
"Zionisten" und "Bilderberger-Eid"
Diese Botschaft haben offenbar zahlreiche "Fans" von Straches Facebook-Seite verstanden. So ist etwa von "Zionisten" zu lesen, in dessen Hände Europa falle. Faymann unternehme nichts, da er "durch einen Bilderberger-Eid verpflichtet" werde. Wiederholt wird auf den jüdischen Glauben Soros', der in Ungarn geboren ist, angespielt. "Soros ist kein Ungar! Er ist Israelit!", schreibt etwa ein Nutzer. Ein anderer beschimpft Soros als "Arschlock", eine Wortbildung aus "Arschloch" und "Schmock", einem Wort aus dem Jiddischen, das sich wohl am besten mit "Depp" übersetzen lässt.
Timing
Strache hatte den Artikel über Orbán und Soros am 31.10. um 22.39 Uhr auf Facebook verlinkt. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits erste Rücktrittsforderungen an Winter und eine Meldung der Nachrichtenagentur APA über deren antisemitisches Posting. Im Gegensatz zu seiner ehemaligen Kollegin hat Strache allerdings nicht mit Nutzern interagiert und keine Unterstützung für deren Antisemitismus ausgedrückt. Der Artikel selbst wurde von Strache wortlos auf Facebook gestellt.
Reizwortfilter für "Strache"
Über rassistische und fremdenfeindliche Postings auf der Facebook-Seite des FPÖ-Chefs hatte es in der Vergangenheit mehrfach Aufregung gegeben. Aus der FPÖ-Pressestelle hieß es, al.lein im Oktober habe es 361.000 Kommentare auf Straches Facebook-Seite gegeben. Man kontrolliere Nutzerposting, sei aber von deren Anzahl überfordert. Die Initiative "Heimat ohne Hass" berichtete vor einem Jahr allerdings, dass das Social-Media-Team der FPÖ offenbar einen "Reizwortfilter" eingerichtet hat. So werden Postings mit dem Wort "Strache" nicht automatisch freigeschaltet. Für "Zionisten" oder "jüdisch" ist so ein Filter offenbar nicht aktiv. Laut FPÖ werde der Filter aber ständig aktualisiert. (Fabian Schmid, 5.11.2015)