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"Das Durchgriffsrecht ist nicht zum Anschauen, sondern zum Anwenden da." Laut SP-Klubchef Schieder glänzt die Innenministerin durch Passivität.

Foto: apa/techt

"Unser Geduldsfaden ist schon recht dünn": Andreas Schieder hat die Auftritte von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) satt. "Ihre sprachliche Aufrüstung ist alles andere als hilfreich", kritisiert der SPÖ-Klubchef, "und es ist auch nicht Aufgabe der Innenministerin, durch Talkshows zu tingeln." Vielmehr habe Mikl-Leitner ihre "Kernaufgaben" zu erfüllen – und da sei sie vielfach säumig.

Schieder denkt dabei an die chaotisch anmutenden Szenen an Österreichs Südgrenze. "Ich verstehe es nicht", sagt Schieder, "bei jeder Großveranstaltung im Stadion kommen 40.000 bis 50.000 Menschen zusammen, und dennoch sind 20 Minuten nach dem Ende alle in der U-Bahn." Dem Innenministerium hingegen sei es auch in sechs Wochen nicht gelungen, den Flüchtlingsstrom über den Grenzübergang Spielfeld vernünftig abzuwickeln.

Durchgriffsrecht "nicht zum Anschauen da"

Ebenso ärgert Schieder, dass nach wie vor Quartiere für Asylwerber fehlen: "Die Innenministerin hat vor Wochen deswegen ein Durchgriffsrecht gefordert. Nun hat sie es, wendet es aber kaum an. Das Durchgriffsrecht ist nicht zum Anschauen, sondern zum Anwenden da."

Für falsch hält er ebenfalls die ÖVP-Überlegungen, 18-jährige Grundwehrdiener an die Grenze zu schicken, wie auch manche Integrationspläne von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP). "Es braucht keine Werteerziehung", sagt Schieder, den viele Syrer seien ja aus dem Grund geflüchtet, weil sie jene Werte vermisst hätten, die ihnen Kurz in Kursen nun beibringen wolle. Stattdessen gelte es, wie mit großen Plakaten am Westbahnhof geschehen, die Bedeutung der Menschenrechte in den Vordergrund zu stellen.

Wenn alle Vorschläge des Koalitionspartners schlecht seien: Sollte die Innenministerin abtreten? Schieder antwortet weder mit Ja oder Nein, sondern sagt: "Die Ressortchefs sollen Sacharbeit machen, statt sich immer auf andere auszureden."

"Unbegreiflich" findet ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka den Schieder'schen Rundumschlag: Die Menschen erwarteten sich von der Regierung in der Flüchtlingsfrage nicht "Zwist und Zank", sondern Zusammenarbeit.

Zynische Verschärfung

Anlass zur Sacharbeit gäbe es. Deutschland wird die Asylregeln verschärfen, zieht Österreich nach? Schieder möchte in Sachen schnellere Asylverfahren nacheifern, die Bewegungsfreiheit von Asylwerbern vorerst aber entgegen dem deutschen Vorbild nicht einschränken: Solange vielerorts Quartiere fehlten, wäre dies "zynisch".

Auch einen Kostenbeitrag von Flüchtlingen zu Deutsch- und Integrationskursen hält man in der SPÖ für nicht nötig. Sozialminister Rudolf Hundstorfer bereitet dafür einige Integrationsmaßnahmen vor, die beim Asylgipfel im September vereinbart wurden. Analog zum freiwilligen Sozialjahr sollen anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte ein Integrationsjahr – vor allem bei Hilfsorganisationen – absolvieren können. Firmen, die Flüchtlinge anstellen, können beim AMS eine Beihilfe beantragen, das AMS soll österreichweit die Kompetenzen der Flüchtlinge feststellen. Ab nächstem Jahr gibt es 50 Millionen Euro extra für diese Maßnahmen. Allein im ersten Halbjahr 2015 wendete das AMS 26 Millionen Euro für diese Zielgruppe auf. Das reichte für 22.780 Förderungen, davon entfielen 8151 auf Jugendliche. (jo, go 6.11.2015)