Foto: Lukas Friesenbichler
Foto: Lukas Friesenbichler

Illustrativ ein Feuerwerk über die Vielfalt des Tierreichs – und zudem der erste Gedichtband der Sängerin Judith Holofernes.

Foto: Lukas Friesenbichler

Es gibt Bücher, die man ungern weglegt, wenn man sie in der Buchhandlung einmal in die Hand genommen hat. Der vorliegende, von der in Österreich aufgewachsenen Berlinerin Vanessa Karré fantastisch illustrierte Band ist genau so ein Buch.

Hunde bellen durch die Seiten, Makis haben sich zu einer großäugig staunenden Kuschelgruppe auf einem Ast zusammengefunden, streng schaut der Vogel Sekretär, Wespen fliegen hochtourig dem Leser entgegen, Krill schwebt durch die Meerestiefe, weiter oben zeigt der Hai seine Zähne, und ein Wiesel tanzt, dass die Motorblockschrauben fliegen ...

Es ist ein visuelles Fest und ein Feuerwerk der Vielfalt des Tierreichs, das Karré in Du bellst vor dem falschen Baum zündet. Den Reichtum an Kreaturen, die unsere Welt bevölkern, bildet die Illustratorin auch formal ab. Es wird skizziert, gemalt, collagiert, dass es eine Freude ist. Farblich nuanciert findet hier oft das scheinbar Disparate zusammen.

Der Mensch, die Technik, auch das wird klar, stellt in diesem Nebeneinander einen Störfaktor dar. Jedenfalls, wenn er sich so gebärdet, wie in unserer Zeit des schamlosen Ressourcenverbrauchs.

Es war Robert Gernhardt, der einst darauf hinwies, dass man viel über Menschen sagen könne, wenn man über Tiere spreche. Das gilt für diese Illustrationen hundertprozentig.

Das Problem des Bandes besteht nun aber darin, dass er auch Texte hat. Sie stammen von Judith Holofernes, die als Sängerin der Band Wir sind Helden über die Grenzen Deutschlands hinaus Berühmtheit erlangte. Dass Gernhardts Vorgabe – wenigstens teilweise – schiefgehen kann, zeigt nun dieses Buch, dessen "Gedichte" selten tiefgründig, zuweilen allerdings unterirdisch sind.

Im ersten Teil des Buchs werden die Tiere oft als doof, dumm oder hässlich typisiert, und der Text über Tiefseefische endet mit der Strophe "Also: Macht doch, wie ihr meint! / Ich sag nur, dem Betrachter scheint's / als schlüg' bei euch / mit Schmach und Hohn / der Bar-Druck den / der Selektion." Mit der Selektion ist es allerdings so eine Sache – nicht nur in der Lyrik.

Zudem werden Worte zuweilen mit dem Vorschlaghammer in die Verse gedonnert: "Wozu also der Marabu? / Wahrscheinlich nicht / für mich und du." Vielleicht handelt es sich auch nur um eine andere Art von Humor – und erwähnt sei auch, dass gegen Ende des Buchs, in dem es verstärkt um Hunde geht, die die Dichterin zu mögen scheint, der Band auch textlich stärker wird. Um dann wieder nachzulassen.

Der letzte Text von Du bellst vor dem falschen Baum ist dem Faultier gewidmet, das klingt dann so: "Ein Faultier / fault hier / vor sich hin / Ein langer Finger / kratzt das Kinn // und dann kommt wieder länger nix – / doch seht! / Die Tiefe seines Blicks! / Ach nein, es hat die Augen zu // Na gut / dann lass ich es in Ruh." (Stefan Gmünder, Album, 8.11.2015)