Fritz Hausjell fordert Bildungsreform.

Foto: Robert Newald

Standard: Auf Facebook werden massiv Gerüchte über Flüchtlinge verbreitet. Ist das medienhistorisch eine neue Situation?

Hausjell: Neu sind die Kanäle – inhaltlich passiert die Hetze in Formen der Propaganda, die wir beim Aufstieg des Nationalsozialismus bereits gesehen haben.

Standard: Zum Beispiel?

Hausjell: Wir sehen das Gerücht, die bewusste Verleumdung. In Ansätzen auch das Element der Drohung sowie Verschwörungstheorien. Es gibt deutliche Parallelen, Rechtsextreme haben ihre Geschichte gut studiert – auch, wenn die Objekte des Hasses etwas abgewandelt wurden.

Standard: Wie kann man die gesellschaftliche Polarisierung überwinden?

Hausjell: Wichtig ist, dass sich Menschen ihrer Verantwortung bewusst werden, wenn sie hetzerische Inhalte weiterleiten. Sie verbreiten die Nachricht unter dem Nimbus ihrer Glaubwürdigkeit. Außerdem müssen politische Bildung und Medienkompetenz forciert werden. Wir lehren in Schulen sogar, wie man einen Brief aufsetzt – nicht aber, wie man sich in sozialen Netzwerken verhält.

Standard: Welche Rolle spielt die juristische Verfolgung?

Hausjell: Diese Frage ist schwierig, solange das Bildungssystem Jugendliche nicht mit Medienkompetenz ausstattet. Menschen wissen nicht immer, dass die Nachricht falsch ist, die sie verbreiten. (Fabian Schmid, 7.11.2015)