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Ägyptische Ermittler bergen den Flugdatenschreiber

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Von russischen Flughäfen – hier St. Petersburg – ausgehende Flüge auf die Sinai-Halbinsel wurden gestrichen.

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Sharm el-Sheikh/Kairo – Nach dem Absturz einer russischen Passagiermaschine auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel geht laut einem Zeitungsbericht auch die deutsche Bundesregierung von einem Bombenanschlag aus.

Alle verfügbaren Informationen sprächen dafür, dass die Jihadistenorganisation "Islamischer Staat" (IS) die Maschine am Samstag vergangener Woche mit einer Bombe zum Absturz gebracht habe, zitierte die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" in einem Vorabbericht vom Samstag einen hohen Sicherheitsbeamten. Der sehr plötzliche Höhenabfall des Flugzeugs, ohne dass die Stimmenrekorder zuvor Unregelmäßigkeiten aufgezeichnet hätten, mache einen Bombenanschlag "sehr plausibel".

Aus Ermittlungskreisen in Paris war am Freitag verlautet, die Auswertung der Flugschreiber deute auf einen "brutalen, plötzlichen" Absturz hin. Bereits am Mittwoch hatte der britische Premierminister David Cameron die Bomben-Vermutung als "mehr als wahrscheinlich" bezeichnet.

"Seltsames Geräusch"

Die ägyptischen Ermittler einem gehen plötzlich aufgetretenen Geräusch nach, das ein Flugschreiber aufgezeichnet hat. Dieses Geräusch sei während der letzten Sekunde der Cockpit-Aufnahme zu hören, sagte am Samstag Ajman al-Mukaddam, der Leiter des Expertenteams, das den Absturz untersucht.

Die Aufnahme werde an ein Speziallabor zur Spektralanalyse geschickt. Makaddam betonte, sein Team sei noch zu keinem Ergebnis gelangt, was der Grund für den Absturz sein könnte. Es werde "allen möglichen Szenarien" nachgegangen. Hinweise im Zusammenhang mit der Theorie, wonach es sich um einen Bombenanschlag handelt könnte, seien seinen Ermittlern nicht zur Verfügung gestellt worden.

Die Maschine sei den Aufzeichnungen zufolge 23 Minuten unterwegs gewesen, der Autopilot war eingeschaltet, als das Flugzeug in 9.414 Metern Höhe bei einer Fluggeschwindigkeit von 737 Km/h zerbrach. Die Trümmer liegen über einen 13 Kilometer langen Streifen verstreut, mehrere Teile wurden bisher noch nicht gefunden.

224 Tote

Internationale Geheimdiensthinweise legten zuletzt nahe, dass der Airbus A321 der sibirischen Airline Kolavia am Samstag vergangener Woche durch einen Sprengsatz an Bord vom Himmel geholt wurde. Alle 224 Menschen an Bord starben. Kairo beschwerte sich am Samstag, dass Erkenntnisse nicht geteilt worden seien. "Wir hätten erwartet, dass alle technischen Informationen mit uns geteilt werden, bevor sie in den Medien veröffentlicht werden", sagte Shoukry.

Eine Woche nach dem Absturz eines russischen Ferienfliegers über der Sinai-Halbinsel will Ägypten keine offiziellen Ermittlungsergebnisse nennen. "Wir werden uns keine Hypothese zu eigen machen, bevor die Untersuchung nicht abgeschlossenen ist und ein umfassender Bericht die Wahrheit aufdecken kann", sagte Außenminister Sameh Shoukry am Samstag in Kairo. Es würden keine Szenarien ausgeschlossen.

Überwachungsvideos

Auf der Suche nach der Absturzursache werteten die ägyptischen Ermittler die Aufnahmen der Überwachungskameras am Flughafen Scharm el-Scheich aus. "Wir wollen herausfinden, ob sich zum Beispiel jemand an den Sicherheitskräften oder den Metalldetektoren vorbeigeschlichen hat", sagte ein Vertreter der Sicherheitskräfte der Nachrichtenagentur Reuters. Auch ob es irgendwelche ungewöhnlichen Aktivitäten unter den Polizisten oder den Flughafenbeschäftigten gegeben habe, werde überprüft.

Sollten die ägyptischen Ermittler fündig werden, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass die Maschine absichtlich zum Absturz gebracht wurde. Ein Ableger der Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS), der auf der Halbinsel Sinai aktiv ist, hatte erklärt, er habe als Vergeltung für die russischen Luftangriffe auf IS-Stellungen in Syrien einen Anschlag auf die Maschine verübt.

Der britische Premierminister David Cameron hatte die Bomben-Vermutung schon am Mittwoch als "mehr als wahrscheinlich" bezeichnet. Auch aus französischen Ermittlerkreisen hieß es am Freitag, die Auswertung von Stimmrekordern und Flugdatenschreibern "stütze" die Vermutung.

Russland flog 11.000 Touristen aus Ägypten

Russland hat nach Informationen der Nachrichtenagentur RIA in den vergangenen 24 Stunden 11.000 russische Touristen aus Ägypten ausgeflogen. Ihnen würden noch am Sonntag weitere folgen, zitierte RIA den Vize-Ministerpräsidenten Arkadi Dworkowitsch am Sonntag.

Damit sitzen weiterhin Zehntausende Russen in Ägypten fest. Am Freitag sollen noch rund 79.000 Urlauber aus Russland in dem Land gewesen sein. Nach dem Unglück hatte die Regierung in Moskau den Linienverkehr nach Ägypten untersagt, weshalb viele Touristen in den Urlaubsorten Sharm el-Sheikh und Hurghada gestrandet waren.

Während die deutsche Fluglinie Air Berlin seit mehreren Tagen die Sinai-Halbinsel umfliegt, wollte das österreichische Tochterunternehmen Flyniki wie geplant am Samstagabend seinen Flug nach Sharm el-Sheikh durchführen, teilte die Fluggesellschaft am Freitag mit. In dem beliebten Urlaubsort befinden sich laut Außenministeriumssprecher Thomas Schnöll zurzeit rund 320 Österreicher. Am Samstag wurden fast 2.000 Briten mit neun Passagiermaschinen in die Heimat zurückgeholt. (red, Reuters/APA, 7.11.2015)