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Aung San Suu Kyi mit dem stellvertretender Vorsitzender der NLD, Tin Oo.

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Anhänger von Aung San Suu Kyi feiern bereits den Erfolg.

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Wahlhelfer der NLD in Rangun.

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Tin Aye, Vorsitzender der Wahlkommission.

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Aung San Suu Kyi verlässt nach der Stimmabgabe das Wahllokal in Rangun.

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Rangun – In Burma zeichnen sich nach der ersten freien Wahl seit 25 Jahren deutliche Gewinne für die oppositionelle Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi ab. Nach eigenen Hochrechnungen hat die Partei mehr als 70 Prozent der zu vergebenden Mandate erobert. Dieses Resultat beruhe auf Ergebnissen einzelner Wahllokale im ganzen Land, teilte ein NLD-Sprecher am Montag mit. In den dicht besiedelten Gebieten habe die NLD mehr als 90 Prozent der Sitze gewonnen.

Sollten die Berechnungen stimmen, könnte Suu Kyis Partei die Regierung bilden. Laut Verfassung sind 25 Prozent der Parlamentssitze für das Militär reserviert. Offizielle Ergebnisse liegen noch nicht vor.

Die regierende Solidaritäts- und Entwicklungspartei (USDP) hat ihre Niederlage bereits eingeräumt. "Wir haben verloren", sagte Parteichef Htay Oo der Nachrichtenagentur Reuters am Montag. Seine Partei werde den Wahlausgang akzeptieren.

Wahlbeteiligung vermutlich 80 Prozent

Auch einer der ranghöchsten USDP-Vertreter, Parlamentspräsident Shwe Mann, gestand auf Facebook seine Niederlage im Wahlkreis Phyu 200 Kilometer nördlich der Hafenstadt Rangun ein. "Ich gratuliere Thein Nyunt von der Nationalliga für Demokratie zum Mandatsgewinn", schrieb er.

Die Wahl verlief unter strengen Sicherheitsvorkehrungen und ohne größere Zwischenfälle, mehr als 30 Millionen Menschen waren wahlberechtigt. Ein Mitarbeiter der Wahlkommission gab die Wahlbeteiligung mit rund 80 Prozent an. Das Staatsfernsehen zeigte die Stimmenauszählung live. Die Wahlkommission wollte sich im Lauf des Montags mit ersten Ergebnissen melden. Präsident Thein Sein und Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing haben versichert, sie würden das Ergebnis anerkennen.

Kerry kritisiert "Hindernisse" bei Wahl

Die USA begrüßten die Wahl, benannten aber zugleich einige Mängel. Außenminister John Kerry sagte am Montag, die hohe Wahlbeteiligung sei ein Zeichen für "den Mut und die Aufopferung" der Menschen in dem seit Jahrzehnten vom Militär regierten Land. Die Wahl sei aber weit davon entfernt gewesen, perfekt zu sein. Es habe "wichtige strukturelle und systembedingte Hindernisse" für eine demokratische Wahl gegeben. Kerry verwies unter anderem darauf, dass ein bestimmter Anteil der Sitze im Parlament von vornherein für Militärvertreter reserviert war. "Wir werden die Auszählung weiter beobachten", so Kerry.

10.000 Wahlbeobachter im Land

Bei der Wahl entscheidet sich, ob Burma nach mehr als 50 Jahren die Dominanz des Militärs in der Politik abschütteln kann. Rund 10.000 Wahlbeobachter befanden sich im Land, tausende Kandidaten von 91 Parteien traten bei den Parlaments- und Regionalwahlen an.

Bereits vor Tagesanbruch warteten die Menschen in Rangun in langen Schlangen vor den Wahllokalen. "Ich habe für diejenige gestimmt, die das Volk regieren sehen will", sagte der 74-jährige Myint Aung. "Wir wollen, dass sich das System ändert", sagte der pensionierte Hochschullehrer Khin Myint Myint.

"Sieg, Sieg!"

Suu Kyi selbst kam – landestypisch gekleidet und mit den zu einem ihrer Erkennungszeichen gewordenen Blumen im Haar – am Vormittag in ein Wahllokal in Rangun und wurde von Journalisten umringt. Im Hof des Wahllokals riefen ihre Anhänger "Sieg, Sieg!".

Nach der Wahl versammelten sich tausende Anhänger Suu Kyis vor der Parteizentrale. Ein Parteivertreter verlas eine Botschaft, in der die Menge aufgerufen wurde, die Ergebnisse zu Hause abzuwarten. "Wenn die Ergebnisse kommen, dann will ich, dass ihr sie ruhig akzeptiert", hieß es.

Am Montag sagte Sii Lyo laut der Deutschen Presse-Agentur vor Anhängern in der Parteizentrale: "Es ist zu früh, unseren Kandidaten zu gratulieren, aber ihr habt sicher alle eine Vorstellung, wie die Ergebnisse aussehen." Sie mahnte, niemand solle prahlen. Das verletzte die Gefühle der Verlierer.

Hoffen auf Neubeginn

Suu Kyi hofft, durch einen Sieg ihrer NLD den demokratischen Neubeginn in Burma besiegeln zu können. Die Partei hatte bereits 1990 die Parlamentswahl deutlich gewonnen, das Militär weigerte sich aber, das Ergebnis anzuerkennen. Vor vier Jahren wurde die Militärherrschaft beendet und die Macht an eine formal zivile Regierung unter dem ehemaligen Junta-Führer Thein Sein übertragen. Mit Hochspannung wird nun darauf geblickt, ob das Militär im Fall seiner Wahlniederlage tatsächlich die Macht an eine demokratisch gewählte Regierung abtritt.

Thein Sein gab in der Hauptstadt Naypyidaw seine Stimme ab. Er hatte zugesichert, den Wahlausgang anzuerkennen. "Aber das heißt nicht, dass auch die Leute hinter ihm dem folgen werden", sagte Phil Robertson von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Ein Viertel der Parlamentssitze für das Parlament

Im Parlament ist gemäß der Verfassung ein Viertel der Mandate nominierten Militärs vorbehalten. Daher benötigt die von der Armee unterstützte Regierungspartei USDP nur rund ein Drittel der Mandate, um gemeinsam mit den Militärs eine Mehrheit zu haben. Das Militär hat auch sichergestellt, dass es Zugang zu Schlüsselpositionen in Ministerien besitzt und über entsprechende Holdinggesellschaften Einfluss auf die Wirtschaft nehmen kann.

Das neue Parlament wird Anfang kommenden Jahres auch einen neuen Präsidenten bestimmen. Suu Kyi darf gemäß der vom Militär ausgearbeiteten Verfassung nicht kandidieren, weil ihre direkten Angehörigen eine ausländische Staatsbürgerschaft haben. Die 70-Jährige will dennoch die Regierung anführen und nur einen Staatschef akzeptieren, der "in Übereinstimmung mit der Politik der NLD arbeitet", wie sie kürzlich sagte.

Kleine Parteien könnten entscheidend sein

Sollte es letztlich doch zu einem knappen Ergebnis zwischen NLD und USDP kommen, könnten die kleinen Parteien in die Rolle des Königsmachers rutschen. Viele von ihnen vertreten ethnische Minderheiten. Immer wieder kommt es in Burma zu religiös motivierten Zusammenstößen zwischen Buddhisten und Muslimen. In dem Land leben etwa 1,1 Millionen muslimische Rohingya. Die meisten sind staatenlos und waren von der Parlamentswahl ausgeschlossen.

Im Vorfeld gab es Sorge vor Ungereimtheiten bei der Wahl. Ausländische Beobachter kritisierten insbesondere, dass sie die im Vorhinein erfolgte Stimmabgabe der bis zu 500.000 Militärangehörigen nicht kontrollieren konnten. Der deutsche FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff, der die Mission der europäischen Wahlbeobachter anführt, sagte am Sonntag, während der Stimmabgabe habe es keine Hinweise auf Wahlbetrug gegeben. Manipulationen seien aber noch bei Transport und Auszählung der Stimmzettel möglich. (red, APA, 9.11.2015)