Kiew – Wenige Tage nach den Rebellen hat auch die ukrainische Armee nach eigenen Angaben den Abzug ihrer schweren Waffen entlang der Waffenstillstandslinie im Osten des Landes abgeschlossen und damit eine Kernforderung im Friedensprozess erfüllt. Am Samstag seien alle Mörser aus Piski und Opitne in der Nähe des monatelang umkämpften Flughafens von Donezk abgezogen worden, sagte ein Militärsprecher.

Eine Bestätigung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gab es zunächst nicht. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP beobachteten am Samstag einen Militärkonvoi, der Mörser von Regierungsstellungen in Piski in Richtung eines Waffenlagers abtransportierte. Ein ukrainischer Soldat sagte gegenüber AFP, dass die Truppe nun nur noch über "Gewehre, Kalaschnikows und Steine" verfüge, um sich im Falle eines Angriffs zu verteidigen. "Wir reagieren nicht auf Provokationen oder Schüsse der Rebellen", versicherte er.

Vorwürfe von beiden Seiten

Dennoch warfen einander Regierungstruppen und prorussische Rebellen am Samstag gegenseitig vor, den Waffenstillstand in den vergangenen Tagen gebrochen zu haben. Nach Angaben Kiews wurden Regierungstruppen mit Gewehren, Granatwerfern und Mörsern beschossen. Vier Soldaten wurden demnach verletzt, als sie auf eine Landmine traten. Ein Rebellensprecher warf einem ukrainischen Freiwilligenbataillon vor, Donezk "bombardiert" zu haben.

Die gegen Kiew kämpfenden Rebellen hatten am Donnerstag erklärt, ihre schweren Waffen von der Frontlinie in der Donezk-Region abgezogen zu haben. In der Nachbarregion Luhansk (Lugansk) hatten beide Seiten nach eigenen Angaben schon im Oktober den Abzug beendet. Die Konfliktparteien hatten sich Ende September verständigt, alle Panzer, Artilleriegeschütze von einem Kaliber unter 100 Millimeter und Mörser je 15 Kilometer hinter die Front zu verlegen.

Pufferzone geplant

Der Waffenabzug ist ein Schlüsselelement des Minsker Friedensfahrplans vom Februar. Er soll zu einer 30 bis 40 Kilometer breiten Pufferzone führen, um das Aufflammen neuer Gewalt zu verhindern.

Wichtigste nächste politische Etappe des Minsk-Prozesses sind Wahlen in den von den Rebellen ausgerufenen Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Sie sollten eigentlich noch in diesem Jahr stattfinden, wurden aber inzwischen auf Anfang 2016 verschoben.

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte am Freitag in Berlin mit seinen Amtskollegen aus Frankreich, Russland und der Ukraine über den Konflikt beraten. Danach zeigte er sich zuversichtlich, dass spätestens bis Anfang Dezember sämtliche schwere Waffen aus dem Kampfgebiet verschwunden sein könnten. Auch mit der Entfernung dort versteckter Minen solle vor dem Wintereinbruch begonnen werden. (APA, 8.11.2015)