Die als proeuropäisch ins Amt gewählte Regierung von Präsident Poroschenko und Regierungschef Arsenij Jazenjuk hatte ihren Wählern versprochen, sich vor allem dem Kampf gegen die Korruption zu widmen. Doch auch fast zwei Jahre nach dem Beginn der Maidan-Proteste im Herbst 2013 sind bisher keine der unter der Vorgängerregierung kritisierten Minister, hohen Beamten oder Geschäftsleute überprüft worden. Im Gegenteil, enge Verbündete des frühen Präsidenten Wiktor Janukowitsch wie die Oligarchenbrüder Andrej und Sergej Klujew blieben unbehelligt. In Kiew hält sich bis heute die Überzeugung, Sergej Klujew sei vor einer eventuellen Verhaftung gewarnt worden, der Milliardär konnte das Land ungehindert verlassen.

Zunehmender Ärger

Derzeit scheint sich Ähnliches zu wiederholen. Zwar wurde Exjustizministerin Olena Lukasch am Donnerstag medienwirksam verhaftet, doch Experten meinen, die Vertraute des früheren Präsidenten Wiktor Janukowitsch habe nichts zu befürchten.

Die Bürger reagieren zunehmend verärgert auf die schleppende Korruptionsbekämpfung. Im Zentrum der Kritik steht dabei der ukrainische Generalstaatsanwalt Wiktor Schokin: Dem 63-Jährigen wird vorgeworfen, den Kampf gegen Korruption zu verschleppen, doch Poroschenko steht zu dem umstrittenen Topbeamten.

Auch westliche Partner aus der EU und den USA drängen Präsident Poroschenko nun, seinen Worten Taten folgen zu lassen. EU-Botschafter Jan Tombinski hat die Arbeit von Schokin mehrfach offen kritisiert. Trotz des Gegenwinds ist eine Absetzung Schokins ungewiss, niemand will sich mit ihm offen anlegen, heißt es in Parlamentskreisen. (8.11.2015)