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"Ich habe gerade die Dinge gelesen, die Dr. Ran Baratz im Internet geschrieben hat", beginnt das Statement, das Israels Premier Benjamin Netan jahu über jenen Mann veröffentlichen ließ, in dessen neuem Job es unter anderem darum gehen sollte, sich um Israels Ruf in der Welt zu kümmern. "Sie sind unpassend und spiegeln nicht meine Ansichten oder die der israelischen Regierung wider."

Netanjahu meinte damit jene Aussagen über US-Präsident Barack Obama und dessen Außenminister John Kerry, die Medien schon kurz nach der Bestellung Baratz’ zum neuen Sprecher des Premiers gefunden hatten. Der Dozent für griechische Philosophie hatte über Obama gesagt, er habe in seiner Reaktion auf Netanjahus Iran-Rede vor dem US-Kongress gezeigt, "wie moderner Antisemitismus in liberalen westlichen Ländern aussieht". Kerry hatte er zuvor "das mentale Alter eines Zwölfjährigen" attestiert – als Reaktion auf dessen Aussage, wonach der Nahostkonflikt für viele muslimische Staatschefs eine Erklärung für Rekrutierungserfolge des "Islamischen Staates" (IS) sei.

Gegen den Medien-Mainstream

Dass Netanjahu über diese Ansichten völlig überrascht gewesen sein kann, wollen ihm viele Kommentatoren in Israel nicht glauben. Denn der 42-jährige Baratz, der in der Siedlung Kfar Adumim im Westjordanland lebt, war vielen schon länger ein Begriff – etwa als Gründer der Webseite Mida, die sich als "Gegengewicht zu den Mainstreammedien" versteht.

Dort und auf Facebook hatte Baratz, der sich nun selbst als "Hobbysatiriker" bezeichnet, auch Netanjahu als schwach und den israelischen Präsidenten Reuven Rivlin als unbedeutend kritisiert. Oder konkreter als "eine solche Randfigur, dass man sich um sein Leben nicht sorgen muss"; würde man das Staatsoberhaupt via Paragleiter über den IS-kontrollierten Gebieten Syriens abwerfen, schrieb er, würden die Terroristen Israel gewiss darum bitten, den Likud-Politiker wieder zurückzunehmen. 2004 hatte Baratz, der selbst nicht religiös ist, zudem für den Bau eines jüdischen Tempels auf dem Gelände der Al-Aksa-Moschee plädiert.

Netanjahu präsentiert sich im laufenden Konflikt als Garant für den Status quo auf dem Tempelberg. Er wollte nach seiner Rückkehr aus den USA "ein Gespräch" mit Baratz führen. Dieser hat sich für seine "unbesonnenen Äußerungen" entschuldigt. Er wisse, dass er in seiner neuen Funktion anders sprechen müsse. Ob er diese Gelegenheit noch bekommt, scheint äußert ungewiss. (Manuel Escher, 9.11.2015)