Sommer 2015, Teddy Steinmayr, ein Landwirt und Sportler aus Leidenschaft, ist glücklich.

Foto: Foto/Plohe

Sommer 1995, Salzburg: Teddy Steinmayr vom LAC Amateure Steyr landet bei 7,85 Metern, holt seinen zwölften Staatsmeistertitel im Weitsprung, den siebenten im Freien. Den 13. und letzten Titel in der allgemeinen Klasse ließ er im Jahr darauf in der Halle folgen.

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Wien – Der 24. Juli 1988 sollte sich zu einem heißen Tag entwickeln, aber in der Früh war der Weizen im Traunviertel einfach nicht trocken genug, um geerntet zu werden. Selbst der Landwirt Teddy Steinmayr senior hat sich vermutlich insgeheim darüber gefreut, anmerken ließ er sich das aber nicht. Schließlich hatte er Teddy Steinmayr junior eröffnet, dass geerntet werden müsse, wenn es der Weizen verlange, ungeachtet der Pläne seines am Mähdrescher sitzenden Sohnes.

Den damals 24-Jährigen zog es eigentlich mit aller Macht zum traditionellen Leichtathletikmeeting ins nahe Ebensee, wo er im Weitsprung reüssieren wollte. Teddy Steinmayr, zwei Meter hoch, an die 100 Kilogramm schwer, war fit wie schon lange nicht mehr, auch mental. Eine Akupunkturbehandlung hatte ihm viel von dem Druck genommen, den er sich selbst aufgebürdet hatte. Also flog er, von den Erntepflichten entbunden, erstmals über acht Meter. Mit 8,06 wies Teddy Steinmayr sogar den niederländischen Halleneuropameister Franz Maas in die Schranken. Dass er an diesem Tag aber den weitesten Satz seiner Karriere tun sollte, konnte er nicht wissen. "Ich bin bei 8,25 Metern gelandet, jedenfalls jenseits des Lichtschrankens bei 8,20. Da war es plötzlich ganz ruhig im Stadion." Allein er hatte übertreten, wenn auch nur um einen Hauch. Die gut 300 Zuseher stöhnten enttäuscht auf.

Der Amateur

Wenige Monate später war Teddy Steinmayr erneut zutiefst enttäuscht. Zeit seiner Karriere ein Muster an Konstanz, vergeigte er ausgerechnet seinen olympischen Wettkampf in Seoul. "Ich war, glaube ich, der letzte reine Amateur bei Olympia. Ich hatte Probleme mit dem Sprunggelenk. Und mit 24 plötzlich neben Carl Lewis zu stehen war auch nicht ganz leicht."

Mit 7,36 gesprungenen Metern blieb das Achterfinale ein Traum. Das entschied Lewis für sich – am Tag, als die Mutter aller Dopingskandale um den Sprinter Ben Johnson ausbrach. Vier Jahre später wirkte der Kanadier trotzdem wieder olympisch. Im Gegensatz zu Teddy Steinmayr, der sich weder für Barcelona 1992 noch für Atlanta 1996 qualifizieren konnte. "Die Limits waren in Österreich sehr hoch angesetzt. Aber mir hat vielleicht auch das letzte Selbstvertrauen, die letzte Explosion gefehlt", sagte er heute.

"Alles gemacht, was 17-Jährige tun"

An Einsatz und Ehrgeiz hat es Teddy Steinmayr ("Auf dem Taufschein steht Teddy Johannes") aus Wolfern bei Steyr nie gefehlt. Selbst in der Schule. "Ich war ein richtiger Streber." Das jüngste von drei Kindern einer Bauernfamilie – der Vater machte sich um die Einführung des Zuckerrübenanbaus in Oberösterreich verdient – gab schon früh seinem Bewegungsdrang nach, lief und sprang durch die Gegend, dass es eine Freude war. Mit neun Jahren lieferte er einen auf 4,25 Meter gemessenen Satz. Der Vater, durch die Schwerarbeit am Feld ein "Kraftmensch", sah es mit Wohlwollen. Danach wurde das Training mit familiärer Unterstützung gezielter, unterbrochen nur von einer Sturm-und-Drang-Phase. "Mit Vierzehneinhalb habe ich geraucht und eigentlich alles gemacht, was sonst 17-Jährige tun", sagt Teddy Steinmayr, der sich fing, in Seitenstetten maturierte, auf das geplante Studium in Wien aber zugunsten einer praxisnäheren Ausbildung zum Landwirt und der Arbeit am elterlichen Hof verzichtete.

Daneben wurde immer gesportelt. "Dieses Leben hat mich mehr gelehrt, als es ein Studium können hätte." Der wichtigste Trainer war der Nachbar und Hauptschullehrer Hans Ganglbauer. Teddy Steinmayr steigerte sukzessive seine Bestleistungen, auch ohne besondere Fördermaßnahmen in Anspruch zu nehmen – "wir haben abgesehen von der Sporthilfe alles selbst finanziert. Wir Bauern halt so sind, ziehen wir alles selber durch. Perfektionismus hat mich getrieben."

Quer durchs Gemüse

Heute noch kann er jede Marke mit Datum nennen, "ich bin ein Zahlenmensch". Nur so viel: Mit 19 Jahren kam er über 7,5 Meter, insgesamt hat er rund 120 Sprünge über 7,70 geschafft. "Meine Stärke war die Beständigkeit, ich habe auch selten einmal übertreten." Der Lohn waren 13 Staatsmeistertitel. 1989 lieferte Teddy Steinmayr erneut in Ebensee mit 8,14 Metern seine Bestleistung. Immerhin, oberösterreichischer Rekord ist das immer noch. Den nationalen Rekord hält übrigens der Tiroler Jahrgangskollege Andreas Steiner mit 8,30 Metern.

1990 übernahm Teddy Steinmayr den elterlichen Hof, er baut Zuckerrüben, Getreide, Mais und Soja an. Er bewirtschaftete rund 200 Hektar, 40 davon im Eigentum, der große Rest in Pacht. Sein Ruf als strebsamer Mensch, als einer, der zu seinem Wort steht, erleichterte die Akquirierung. Gern geht er über seine Felder, "dann rede ich mit dem Boden. Man muss über ihn Bescheid wissen, muss ihn leben lassen."

Teddy Steinmayr betreibt die Landwirtschaft mit seiner Familie, vor allem mit seiner Frau Ingrid. Es gibt keine Angestellten, dafür aber ausgeklügelten Technikeinsatz, optimiert von Sohn Klaus, der bei einer Traktorfirma für GPS-Lenksysteme verantwortlich ist und einmal den Hof übernehmen soll. Tochter Stephanie, 2012 Miss Oberösterreich, studiert in Salzburg.

Der stolze Vater Teddy Steinmayr, bei zwei Metern Höhe immer noch rund 100 Kilo schwer, sprintet die 60 Meter binnen acht Sekunden, springt immer noch an die sechs Meter weit. Er ist in seiner Altersklasse einer der Besten. "Man will sich im Leben ja immer messen." Wohl macht er sich Sorgen um seinen Berufsstand, über ungezügelten Freihandel, für den die Bauern "geopfert" würden, prangert den Import gentechnisch veränderter Produkte an. Aber Teddy Steinmayr ist auch ein glücklicher Mensch. "Wenn man Leidenschaft hat, dann hat man Erfolg, dann ist man glücklich." (Sigi Lützow, 9.11.2015)