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Was Apotheker vor Ort anbieten, könnte in vielen Fällen auch über das Internet ermöglicht werden.

Foto: APA / BARBARA GINDL

Wien – Die Abgabe von Arzneimitteln im Fernabsatz, also etwa durch Bestellkataloge oder im Internet, ist in Österreich grundsätzlich verboten. Seit 25. Juni 2015 gilt allerdings eine relativ eng gefasste Ausnahme für nicht rezeptpflichtige Humanarzneispezialitäten: Öffentliche Apotheken dürfen diese im Wege des Fernabsatzes unter der Bedingung abgeben, dass sie behördlich registriert sind und die umfassenden Kontroll- und Sicherheitsanforderungen eingehalten werden.

Von den über 1300 öffentlichen Apotheken in Österreich haben sich bisher gerade einmal 16 als "Versandapotheke" registrieren lassen. Diese Zurückhaltung liegt auch an den umfangreichen Fernabsatzvorschriften zur Qualitätssicherung sowie zu Transport und Lieferung (Versicherung, Sendungsverfolgung). Dadurch werden derartige Abgabemodelle erst ab einem bestimmten Absatzvolumen profitabel.

Grundsätzlich verboten und damit strafbar bleibt aber weiterhin der Fernabsatz mit sämtlichen anderen Formen von Arzneimitteln, insbesondere mit rezeptpflichtigen Medikamenten, die mehr als die Hälfte der über 13.000 in Österreich zugelassenen Humanarzneispezialitäten ausmachen.

In einigen europäischen Rechtsordnungen ist der Fernabsatz auch mit rezeptpflichtigen Medikamenten zulässig, in Deutschland etwa seit 2004. Eine seriöse Diskussion zum Für und Wider des Fernabsatzes im rezeptpflichtigen Bereich hat in Österreich noch nicht stattgefunden.

Schutz vor Fälschungen

Die Öffnung auch des rezeptpflichtigen Bereichs – unter entsprechenden Sicherheits- und Qualitätsauflagen – kann dazu beitragen, Patienten vor wirkungslosen und gefährlichen Medikamentenfälschungen im Internet zu schützen. Der Reiz des Onlinekaufs liegt nicht nur in preislichen Vorteilen, sondern auch in der Vermeidung von Wegstrecken – vor allem bei mangelnder Infrastruktur oder bei schlechter gesundheitlicher Verfassung.

Nicht unterschätzt werden dürfen auch psychologische Elemente beim öffentlichen Erwerb von Arzneimitteln, der als unangenehm oder peinlich empfunden wird: Wer verlangt schon gerne in der Apotheke Psychopharmaka oder ein Potenz- oder Schönheitsmittel?

Neben volkswirtschaftlichen Argumenten ("Apothekensterben", Angebotsfokussierungen etc.) werden gegen den Medikamentenfernabsatz vor allem reduzierte Sicherheit, Qualität und Beratung ins Treffen geführt. Diese Bedenken werden allerdings bereits in den umfangreichen Fernabsatzvorschriften berücksichtigt. Die Regeln zu Qualitätssicherung, Dokumentation, Transport und Verschwiegenheit bei rezeptfreien Mitteln können allenfalls für den rezeptpflichtigen Bereich angepasst werden.

Aufklärung durch den Arzt

Unbestreitbar weisen rezeptpflichtige Medikamente ein höheres Gefährdungspotenzial auf, das durch den fehlenden Kontakt im Fernabsatz noch verstärkt würde (Fernberatung). Regelmäßig wird deshalb behauptet, dass gerade in diesem Bereich die persönliche Beratung durch den Apotheker unersetzbar sei.

Dabei wird aber übersehen, dass bei rezeptpflichtigen Medikamenten der Patient zuvor bereits vom behandelnden Arzt aufgeklärt wurde. Darüber hinaus sollte aber die Fernabsatzapotheke jedenfalls zu einer "apothekenspezifischen" Beratung verpflichtet sein, nämlich zu kostenfreier Beratung per Telefon oder E-Mail und zu Nachfragen im Fall von Unklarheiten bzw. im Fall von Medikationsproblemen zur verpflichtenden Verweisung auf den behandelnden Arzt. Ergänzend sollten – nichtwerbliche – Kurzinformationen zum Medikament auf der Webseite der Onlineapotheke angeboten werden müssen.

Problembereich Rezept

Die wesentliche Herausforderung im rezeptpflichtigen Bereich besteht in der Vorlagepflicht des Rezeptes. Um jeden Missbrauch auszuschließen, müsste der Patient das Originalrezept in Papierform an die Apotheke zur Prüfung übermitteln. Bei "Dauerrezepten" wird es sogar zu Rücksendungen kommen müssen. Dieses Prozedere ist umständlich und zeitaufwendig.

Es ist offensichtlich, dass sich diese Probleme durch ein "E-Rezept" leicht lösen ließen. Die notwendige Infrastruktur wäre mit E-Card und Elektronischer Gesundheitsakte (Elga) bereits vorhanden. Vorstöße in diese Richtung sind jedoch in der Vergangenheit an datenschutzrechtlichen und praktischen Bedenken (Zeitaufwand) gescheitert. Verzögerungen bei der Zustellung könnte man mit einer Maximalversendefrist nach deutschem Vorbild – oder einer entsprechenden Lieferregel "ohne unnötigen Aufschub" – in den Griff bekommen.

Auch ein anderes Problem ließe sich leicht lösen: Im Fernabsatz gibt es großzügige Rücksenderechte, retournierte Medikamente dürfen aber aus Sicherheitsgründen nicht wieder in den Verkehr gebracht werden. Apotheken blieben daher auf den Kosten sitzen und könnten bei Missbrauch sogar in den wirtschaftlichen Ruin getrieben werden. Auch wenn dies praktisch selten vorkommen wird, sollten Rücksenderechte für den Medikamentenfernabsatz ausgeschlossen werden können. (Daniel Larcher, 9.11.2015)