Fußballsport als Projektionsfläche. Spiele des FC Barcelona können oft auch politisch gelesen werden – zumindest auf der Tribüne.


Katalonien ist seit Montag offiziell auf dem Weg in die Unabhängigkeit. Das Autonomieparlament der rebellischen Region im Nordosten Spaniens verabschiedete mit den Stimmen von Gemeinsam fürs Ja (JxS) und der linken Kandidatur der Volkseinheit (CUP) eine Resolution, die den "Prozess zur Schaffung eines unabhängigen, katalanischen Staates in Form einer Republik" einleitet.

Der Text ruft zum "demokratischen Bruch" mit Spanien und fordert die künftige katalanische Regierung auf, Madrid nach und nach den Gehorsam zu verweigern. "Dieses Parlament und der Prozess werden sich nicht den Entscheidungen des spanischen Staates (...) unterordnen", heißt es. Die Resolution spricht dem spanischen Verfassungsgericht, das nun über die Entscheidung der Katalanen beraten muss, jedwede Legitimität ab.

"Der Zeitpunkt, um aufs Ganze zu gehen, ist gekommen", erklärte JxS-Fraktionssprecher Raül Romeva. "Der spanische Staat repräsentiert uns nicht", fügte seine Kollegin von der CUP hinzu.

Von den Oppositionsbänken hagelte es Proteste. Die zweitstärkste Kraft im neuen Parlament, die zentralistische rechtsliberale Partei Ciudadanos, die in Madrid regierende konservative PP und der katalanische Ableger der sozialistischen PSOE sehen in der Resolution einen "Rechtsbruch".

Sie wollen nichts unversucht lassen, um die Separatisten zu stoppen. Bereits vergangene Woche zogen sie vor das Verfassungsgericht, um die Abstimmung über die Resolution zu stoppen – ohne Erfolg. Die hohen Richter sahen keine Handhabe, um im Voraus eine Parlamentsdebatte zu verbieten. Allerdings werden sie wohl ab Mittwoch über die Resolution beraten müssen. Denn die PP-Regierung in Madrid unter Premier Mariano Rajoy klagt.

Vor genau einem Jahr

Die Abstimmung im Parlament fand genau ein Jahr nach der selbstorganisierten Volksbefragung statt, bei der die Befürworter der Unabhängigkeit gewannen. Ein verbindliches Referendum wie in Schottland gab es nicht, da Madrid dies untersagte. JxS und CUP traten deshalb bei den Regionalwahlen im September mit dem erklärten Willen an, im Falle eines Sieges den Weg in Richtung Unabhängigkeit zu beschreiten. Sie erzielten gemeinsam die absolute Mehrheit im Parlament, erreichten allerdings nur rund 48 Prozent der abgegebenen Stimmen. Die Befürworter eines Verbleibs bei Spanien sprechen den Separatisten deshalb jegliche Legitimität für eine Loslösung ab. Nur Katalonien – Ja man kann, die Liste rund um Podemos, verlangte erneut ein Referendum.

Streit um Mas

Montagnachmittag begann die zweitätige Parlamentsdebatte zur Wahl einer neuen Regionalregierung. Der bisherige katalanische Ministerpräsident Artur Mas stellte sich erneut zur Wahl, doch die CUP will Mas nicht: Seine bisherige Regierung zeichne für eine Sparpolitik verantwortlich, die jener Rajoys in Madrid um nichts nachstehe.

Außerdem wird gegen mehrere Vertreter von Mas' konservativ-separatistischer Partei Demokratische Konvergenz Kataloniens (CDC) wegen Korruption ermittelt. Die Partei soll Prozente der Kosten öffentlicher Aufträge eingestreift haben. Auch gegen CDC-Gründer Jordi Pujol und mehrere seiner Kinder wird ermittelt. Sie sollen dutzende Millionen Euro zur Seite geschafft haben.

Falls Mas, wie zu erwarten, nicht zum Präsidenten gewählt wird, tritt das Parlament in der zweiten Wochenhälfte erneut zusammen. Fällt er auch da durch, werden JxS und CUP weiterverhandeln, um eventuell eine Alternative für Mas zu finden. Gelingt auch dies bis zum 10. Jänner nicht, wird im März erneut gewählt. (Reiner Wandler aus Madrid, 10.11.2015)