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Der Vorstoß von Deutschlands Innenministers Thomas de Maizière (CDU), Flüchtlingen aus Syrien nicht mehr automatisch Familiennachzug zu gewähren, hat in der Koalition Irritationen ausgelöst.

Foto: DPA / Wolfgang Kumm

Es ist erst ein paar Tage her, da zeigten sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chef Sigmar Gabriel sowie Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer in bester Eintracht. Am Donnerstagabend hatten sie ihr "Asylpaket" geschnürt. Wichtigster Punkt darin: Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsstaaten sollen künftig in eigenen Registrierzentren erfasst und – wenn sie keine Aussicht auf Bleiberecht haben – schnell wieder abgeschoben werden.

Doch kaum wollte man sich in Berlin und München wieder mal anderen politischen Themen widmen, da ging der Streit aufs Neue los. Ausgelöst hat ihn der deutsche Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Der erklärte am Freitag am Rande eines Albanienbesuchs, Flüchtlingen aus Syrien künftig nur noch "subsidiären Schutz" gewähren zu wollen und ihnen damit auch keinen Familiennachzug mehr zu erlauben: "Andere Staaten geben in solchen Lagen auch nur eine Sicherheit für einen Aufenthalt für eine begrenzte Zeit. Und das werden wir in Zukunft mit den Syrern auch tun."

"Primärer Schutz" für Syrer

Zurzeit erhalten Syrer in Deutschland meist "primären Schutz" – zumeist eine Rechtsstellung als Flüchtling nach dem Asylverfahrensgesetz und damit das Recht auf einen Aufenthalt für drei Jahre und Familiennachzug. Subsidiären Schutz (für ein Jahr) erhalten Personen, die nicht im Sinne der Genfer Konvention als Flüchtlinge anerkannt werden, die aber glaubhaft machen können, dass ihnen in ihren Herkunftsländern ernsthafter Schaden droht.

Doch kaum waren de Maizières Worte bis Berlin gedrungen, da gab es in der SPD große Empörung, und so twitterte der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert alsbald: "Es bleibt bei der bisherigen Praxis." Der Innenminister räumte ein, dass es diesbezüglich noch "Gesprächsbedarf" in der Koalition gebe: "Deswegen bleibt es jetzt so, wie es ist, bis es eine neue Entscheidung gibt."

Lob vom SPD-Chef

"Es ist gut, dass er den Vorschlag zurückgenommen hat und dass es beim alten Verfahren bleibt", zeigte sich daraufhin SPD-Chef und Vizekanzler Gabriel erfreut. Doch aus den eigenen Reihen bekam de Maizière zunächst keine Unterstützung. Vielmehr erklärte Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU), den Merkel zum politischen Flüchtlingskoordinator erkoren hat, der Innenminister habe mit seinem Vorstoß zur Einschränkung des Status von Syrien-Flüchtlingen ohne Absprache in der Koalition gehandelt.

De Maizière war düpiert, doch mittlerweile hat sich das Blatt zu seinen Gunsten gewendet. Immer mehr Unions-Politiker springen ihm bei. So erklärte Seehofer: "De Maizière hat recht. Wir müssen wieder nach dem Gesetz handeln und den Flüchtlingsstatus jedes Syrers genau prüfen." Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) betonte: "Wir müssen den Familiennachzug begrenzen, denn unsere Aufnahmekapazität ist ja nicht unbegrenzt."

Merkel schweigt

CDU-Vizechefin Julia Klöckner stellte sich ebenfalls auf de Maizières Seite: "Wer rechnen kann – scheinbar gehört die SPD nicht immer dazu –, wird auch erkennen müssen, dass nach den aktuellen Zahlen Familiennachzug nicht weiter so bestehen kann." Merkel selbst hat sich zu der Frage noch nicht geäußert. Seibert aber erklärte am Montag erneut, es bleibe jetzt mal alles so, wie es ist, und de Maizière habe "selbstverständlich" das Vertrauen der Kanzlerin. (Birgit Baumann aus Berlin, 9.11.2015)