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Tomislav Karamarko feiert zwar den Wahlsieg seiner HDZ, die Partei könnte aber von einer neuen Koalition ausgeschlossen werden.

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Der Wille zur Macht schien noch in der Wahlnacht zu obsiegen. Die neue kroatische Partei Most – zu Deutsch "Brücke" – beteuerte vor der Wahl noch, gar nicht in die Regierung zu wollen. Nach dem überraschenden Erfolg – Most wird wohl 19 der 151 Mandate bekommen – interpretiert man das nun ganz anders. Most-Politiker Drago Prgomet wird bereits gerüchteweise als neuer Premier in einer Mitte-links-Koalition gehandelt.

Prgomet sagte am Montag, dass man nicht "aus der Verantwortung fliehen" könne und nur gegen eine Regierung sei, die die von Most gewünschten Reformen nicht umsetze. Tatsächlich ist nach der Wahl am Sonntag eine Koalition ohne Most nicht möglich. Zurzeit stehen die Chancen für die Sozialdemokraten besser, obwohl das Wahlbündnis rund um die konservative HDZ die meisten Stimmen bekam.

Der sozialdemokratische Premier Zoran Milanović ging noch in der Wahlnacht auf Most zu. Er sagte, man wolle als Partner und nicht als führende Kraft in einer künftigen Koalition agieren – und schloss damit nicht aus, dass auch der Premiersposten an die Neuen gehen könnte. Weitere Gründe sprechen für die Konstellation: Weil die istrische Partei IDS nur mit der SDP zusammenarbeiten will, liegen das HDZ-Wahlbündnis im Parlament (Sabor) und das linke Bündnis rund um die SPD mit der IDS mit jeweils 59 Mandataren gleichauf.

Die HDZ kann also kaum mit Überlegenheit argumentieren. Auch inhaltlich würden SDP und Most besser zusammenpassen. Zur bankenkritischen Most gehört etwa der Ökonom Ivan Lovrinović, der sich für Leute, die durch die hohen Zinsen der Frankenkredite in Not kamen, einsetzte. Er handelte mit der Mitte-links-Regierung einen Deal aus. Es gibt also bereits Kontakte.

Keine gute Basis mit HDZ

Most-Politiker Drago Prgomet stammt wiederum eigentlich aus der HDZ, wurde dort aber von Parteichef Tomislav Karamarko hinausbefördert, was nicht gerade als gute Basis für eine künftige Kooperation zu sehen ist. Zudem wandte sich die HDZ vorerst noch gar nicht an Most. Progmet schloss aber am Montag keine Option aus.

Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarović, die HDZ-treu und parteiisch agiert, kündigte an, dass die HDZ relative Wahlgewinnerin sei. Laut Verfassung muss sie aber jenen mit der Regierungsbildung beauftragen, der in der Lage ist, eine Mehrheit im Sabor zu bilden, also mindestens 76 der 151 Parlamentarier hinter sich zu sammeln. Eine große Koalition wird zurzeit ausgeschlossen.

Most werde sich nun in erster Linie fragen, in welcher Regierung sich die Partei am ehesten weiterentwickeln könne und wo sie ihren Einfluss durchsetzen kann, meint der Politologe Dejan Jović zum STANDARD. Die Partei habe nun pragmatische Gründe zusammenzubleiben. "Der Erfolg hilft, sich zu vereinen", so Jović. "Er zeigt, dass es den Versuch gibt, mehr Pluralismus einzuführen."

Basis bei Lokalpolitikern

Die Partei Most hat ihre Basis bei Lokalpolitikern wie dem Bürgermeister von Metković, Bozo Petrov. Petrov kommt aus der ultrakonservativen Bewegung "Eiche", die sich für katholische Werte einsetzt. Gewonnen hat er aber in Metković damit, dass er Gehälter für Politiker kürzte, teure Dienstwagen abschaffte und ganz auf Effizienz setzte. Most will die Anzahl der Gespanschaften (Kreise) von 20 auf sechs reduzieren.

Der große Zulauf zu Protestparteien ist nicht neu. Bei der Präsidentschaftswahl vor einem Jahr bekam der bankenkritische Kandidat Ivan Vilibor Sinčić auf Anhieb mehr als 16 Prozent der Stimmen. Most hat neben Lovrinović als "Experten" auch den Rechtsprofessor Robert Podoljnak an Bord und ist damit auch für jene attraktiv, die mehr Sachpolitik wollen. "Sie gelten als moralische Opposition", sagt der Analytiker Davor Gjenero. (Adelheid Wölfl, 10.11.2015)