Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: REUTERS/Jorge Silva

Die Sprache der Machthaber war ähnlich, doch die Wendepunkte im Leben der Regimekritiker hätten kaum unterschiedlicher sein können: Als Aung San Suu Kyi 1989 als "destruktives Element" unter Hausarrest gestellt wurde, weil sie an der Spitze des gewaltlosen Kampfs gegen die Militärregierung ihrer Heimat Burma stand, öffneten sich für viele Dissidenten in den strauchelnden kommunistischen Ländern Mittel- und Osteuropas gerade die Gefängnistore. Manche davon, wie Václav Havel in Prag, wurden binnen weniger Monate in höchste Staatsämter gewählt. Für Aung San Suu Kyi hingegen sollte es noch fast ein Vierteljahrhundert dauern, bis sie ihrem Land auch in offizieller Funktion politisch dienen durfte.

"Tante Suu" oder "Mutter Suu", wie sie von ihren Landsleuten oft ehrfürchtig genannt wird, verbrachte von 1989 bis 2010 insgesamt 15 Jahre unter Hausarrest. Wieder in Freiheit, machte sie sich für die "nationale Versöhnung" stark. Es folgte eine vorsichtige Annäherung zwischen ihr und der Regierung unter Staatspräsident Thein Sein. 2012 kandidierte Suu Kyi bei einer regionalen Nachwahl für das Unterhaus, erhielt mehr als 71 Prozent der Stimmen und zog als nunmehr gewählte Oppositionsführerin ins Parlament ein.

Eine fremde Welt war Politik für Aung San Suu Kyi nie. Ihr Vater, ein linksnationaler Freiheitskämpfer im britisch besetzten Burma, wurde 1947, kurz nach ihrem zweiten Geburtstag, ermordet. Suu Kyi wuchs teilweise in Indien auf, wo ihre Mutter als erste weibliche Botschafterin ihres Landes tätig war.

Später lebte Suu Kyi in Oxford, studierte Philosophie, Politik und Wirtschaft und arbeitete im UN-Sekretariat in New York. Ihr Engagement für die Demokratiebewegung ihrer Heimat begann unmittelbar nach ihrer Rückkehr 1988. Drei Jahre später wurde sie dafür mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Dass sie die Zeit der Isolation im Hausarrest gut überstand, verdankt die Buddhistin unter anderem der Meditation, dem Klavierspiel und dem Erlernen von Fremdsprachen. Höchste politische Weihen bleiben der 70-jährigen Parteichefin nach dem Sieg ihrer Nationalen Liga für Demokratie (NLD) bei den Parlamentswahlen am Sonntag versperrt: Wer ausländische Familienmitglieder hat, darf laut der vom Militär verordneten Verfassung nicht Staat und Regierung führen. Suu Kyis beiden Söhne sind wie ihr 1999 verstorbener Mann britische Staatsbürger. (Gerald Schubert, 10.11.2015)