Graz – Die österreichische Landwirtschaftskammer hat sich am Dienstag bei einem Symposiums in Graz für mehr Tierwohl in der heimischen Produktion ausgesprochen. Die höheren Standards stünden aber im Widerspruch zu Billigpreisen, die durch Fleisch aus dem Ausland in den Regalen den Markt bestimmten. "Der Kunde muss den Weg mitgehen", so Kammerpräsident Hermann Schultes.

Unter Tierwohl sei "kein Wellnessprogramm" für Hühner und Schweine zu verstehen, sondern es muss gelingen, den Kunden an das heranzuführen, was sie kaufen: "Wir müssen den Konsumenten die Chance gehen, dabei zu sein und das System Österreich bekannt machen", skizzierte Schultes die Pläne der Kammer. Vorbild sei die Schweiz, wo etwa auf der Speisekarte "Wiener Backhuhn (Polen) mit Salat" stehe.

Aus Polen kommen aber tatsächlich nur wenige Hühner, die bei den Eidgenossen am Teller landen, ging Ruedi Zweifel, Direktor der Schweizer Stiftung Aviforum, bei Pressegespräch dazwischen: "Unsere heimischen Geflügelbauern haben überlebt, weil wir haben die Konsumenten für uns gewonnen". Gelungen sei das mit "offenen" Stalltüren und Importauflagen, mit der eine Steuerung möglich sei.

Als Nicht-EU-Land ist eine Importsteuerung einfacher als in Österreich, dennoch könne viel getan werden, etwa bei den rund 2,5 Millionen Mahlzeiten, die täglich von öffentlicher Hand ausgegeben werden – zum Beispiel in Spitälern, Schulkantinen oder Regierungsgebäuden. "Die höheren österreichischen Standards gehören als Grundvoraussetzung einer Ausschreibung beim öffentlichen Einkauf nach dem Prinzip 'Best statt billig' dazu", forderte Schultes. Die neue Vergaberichtlinie sei aber noch nicht in Kraft.

Die steirische Tierschutz-Ombudsfrau Barbara Fiala-Köck pochte auf den Tierschutz, der alle angehe – Gastronomie, Schlachtindustrie und die Konsumenten: "Augen auf beim Einkauf. Ich fordere ein faires Genießen." In der Realität würde Tierleid spätestens im Kühlregal ausgeblendet. Das Motto "Geiz ist geil" dürfe beim Thema tierische Lebensmittel aber nicht greifen.

Die Kammer forderte auch EU-Tierwohlstandards für Bauten in Schwellenländern und Drittstaaten, die EU-Förderungen bekommen. Noch würden die Standards so gut wie nirgends vorausgesetzt, die erzeugten Produkte werden aber in die EU importiert: "Wir verlangen, dass Österreich offiziell gegenüber der EU-Kommission und den internationalen Organisationen auftritt, damit die EU Tierwohlstandards zum Mindestbestandteil für direkt oder indirekt unterstützte Projekte werden", sagte Schultes. (APA, 10.11.2015)