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Nicht einmal darüber einig, ob das Papier von Innenministerin Mikl-Leitner zu Spielfeld bereits vorliegt: Kanzler Faymann (SPÖ, re.) und Vizekanzler Mitterlehner (ÖVP).

foto: apa / helmut fohringer

Wien – Rund um den Ministerrat tauschten SPÖ und ÖVP am Dienstag neue Unfreundlichkeiten zur Flüchtlingsmisere aus: SPÖ-Klubchef Andreas Schieder forderte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf, beim Aufstellen von Quartieren "einen Zahn zuzulegen", denn: "Das Durchgriffsrecht haben wir deswegen geschaffen, dass man durchgreift." Nur drei der neun Bundesländern würden bis dato die Quote zur Unterbringung von Asylwerbern erfüllen.

Für 2200 Asylwerber durchgegriffen

Seit Oktober kann der Bund auch gegen den Willen von Ländern und Gemeinden Quartiere schaffen. Mikl-Leitner verwies prompt darauf, dass mit dem neuen Instrument mittlerweile 2200 neue Plätze für Flüchtlinge bereitgestellt werden konnten. Allerdings brauche es stets auch Verhandlungen mit den Beteiligten vor Ort, denn manche Vermieter hätten etwa "exorbitante Preisvorstellungen".

Kein Wort von Mikl zu Zaun

Zu einem Bericht des "Kurier", wonach sie am slowenischen-österreichischen Grenzübergang in Spielfeld einen 25 Kilometer lange Sperre, vulgo Zaun, hochziehen will, erklärte Mikl-Leitner nur: "Ich werde zu dem Konzept nichts sagen." Bestätigt wurde von ihr nur, dass für die Umsetzung von derartigen Grenzsicherungen Verhandlungen mit den Grundstückeignern geben müsse.

Rot-schwarze Entscheidung für Mittwoch erwartet

Die Entscheidung, wie die "baulichen Maßnahmen" am Grenzübergang konkret aussieht, soll in der Koalition am Mittwoch fallen. Die Zeit drängt, denn Mikl-Leitner rechnet allein in den kommenden Tagen mit etwa 30.000 Flüchtlingen, die zuerst nach Slowenien, dann nach Österreich kommen.

Neuerliche koalitionäre Abgrenzungen

Nach der wöchentlichen Regierungssitzung grenzten sich Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) in der Frage der neuen Barriere erneut voneinander ab. Einigkeit herrschte nicht einmal darüber, ob das schwarze Innenressort sein Grenzsicherungs-Konzept der roten Kanzlerpartei bereits vorgelegt hat oder nicht. Mitterlehner betonte, er kenne das Papier des Innenministeriums seit Freitag, Faymann will bis jetzt nur gelesen haben, was bis jetzt dazu in den Zeitungen gestanden sei – "bis zur Stunde" habe die Ministerin nichts vorgelegt. Mitterlehners verärgerte Repblik: "Es kann nicht sein, dass man der Innenministerin vorwirft, sie hat noch nichts vorgelegt." Und weiter: "Wenn es sie befriedigt, wir haben zwei Wahrheiten, die sich an sich nicht entgegenstehen."

Gespräch und zwei Koordinationstreffen

Ausgeräumt werden soll der Streit am Mittwoch, neben Mikl-Leitner sollen auch Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP), Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sowie Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) an dem Gespräch teilnehmen, erklärte Faymann. Dazu kündigte für heuer noch zwei "Koordinationstreffen" zum weiteren Umgang mit dem Flüchtlingskrise an: So soll einerseits mit den Sozialpartnern Fragen der Integration, der Arbeitswelt, des Wohnraums und der wirtschaftlichen Bedeutung geklärt werden. Andererseits will sich die Regierung auch mit den Landeshauptleuten zusammensetzen, um Vorschläge zur Integration zu besprechen.

Zum Gezänk um einen allfälligen Zaun im Süden hielt Mitterelhner erneut fest, dass es schon aus Schengen-rechtlichen Gründen nicht möglich sei, eine "vollkommene Abschottung zu bewerkstelligen". Es gehe aber um Kontrollen und auch darum, ein Signal an andere EU-Staaten zu setzen, dass es so wie derzeit nicht weitergehen könne.

Slowenien bereitet Maßnahmen vor

Faymann verwies darauf, dass Slowenien am Nachmittag eine "Reihe von Maßnahmen" bekannt geben werde, die der EU-Staat an seiner Grenze setzen werde. Die Grenze Sloweniens sei allerdings – im Gegensatz zu Österreichs Grenzen – eine Schengen-Außengrenze. Egal, wie aber die bauliche Maßnahme aussehe, es werde nicht ein Flüchtling weniger kommen, hielt der Kanzler fest. Mitterlehner sprach sich allerdings klar dafür aus, den Flüchtlingszustrom zu reduzieren: "Ich sage ganz deutlich: Wir müssen weniger haben, alles andere wird uns vor schwerste Probleme stellen." Faymann sagte immerhin zu, sein Ziel sei es, "dass weniger nach Europa kommen und mehr in der Region bleiben können. (Nina Weißensteiner, 10.11.2015)