Das klingt nach Sinn für Humor: Die Vereinigung bildender Künstlerinnen Österreichs (VBKÖ), deren Räume sich in der Innenstadt befinden, hat bereits 2012 ein "Sekretariat für Geister, Archivpolitiken und Lücken" gegründet. Dieses Sekretariat mietet sich jetzt im Brut-Theater, genauer in dessen Burt-Bar, für einen Abend ein und bietet dort am Donnerstag eine Lectureperformance. Titel: Das Archiv als Ort politischer Konfrontation. Oder: Wie kann hier widersprochen werden?
Es geht um das Archiv der 1910 gegründeten VBKÖ im Wiener Künstlerhaus. Konkret um die Aktivitäten der Vereinigung ab der NS-Zeit bis in die 1980er-Jahre. Das "Sekretariat für Geister, Archivpolitiken und Lücken" (Nina Hoechtl, Julia Wieger) ist nämlich gar kein Witz, sondern ein ernst gemeintes Projekt. Gibt das VBKÖ-Archiv doch zum Beispiel auch Informationen über die Schattenseiten seiner nun 105-jährigen Geschichte her: etwa darüber, wie sich die Vereinigung zur Zeit des Austrofaschismus und des Nationalsozialismus verhalten hat.
Was hier auf den ersten Blick ironisch und auf den zweiten nischenhaft wirkt, verspricht sehr aufschlussreich zu werden. Darüber, wie Aufarbeitungen der dunklen Vergangenheit heute, am Ende der Postmoderne, praktiziert werden, und was die Methoden junger künstlerischer Forschung in performativer Präsentation ans Licht bringen können. (ploe, 10.11.2015)