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Hommage an Klaus Nomi: Komponistin Olga Neuwirth.

Foto: APA/Hans Klaus Techt

Wien – Die Verschmelzung von Musiktradition und Gegenwart, die verspielte Verquickung eines altehrwürdigen Stils mit einem heutigen – als Methode ist das längst schon selbst effektvoll erprobte Tradition. Zu klären bleibt somit immer nur, ob das Wesen einer Komposition am Original hängt wie an einem Atemgerät, oder ob es doch Züge vitalen Gestaltungswillens aufweist.

Bei Wien Modern, das nun auch im Musikverein gastierte, kommt kein Zweifel auf. Zu hören ist qualitätsvolles Handwerk, Gerhard E. Winklers Anamorph II (Fake: a Suite) lässt schon im ersten Teil, Wienerlied betitelt, alle Bedenken dahinschmelzen: Raffiniert wird der weinselig-schwermütige Tonfall evoziert und gleich zum Stolpern gebracht, harmonisch und rhythmisch zerknautscht.

Das Radiosymphonieorchester Wien unter Chefdirigent Cornelius Meister bewältigt die mitunter aberwitzigen Richtungswechsel, Pointen, Brüche, Phrasenzuspitzungen wie ihre strukturellen Ausreizungen mit Bravour. Bis auf den etwas ins Triviale kippenden Tango Charlie H beschert Winklers simulierte Suite subtile Epochenverschmelzungen.

Problem des Sounds

Winkler hatte mit dem so grandiosen wie herausfordernden Goldenen Saal allerdings mehr Glück als Olga Neuwirths Hommage à Klaus Nomi (nun komplettiert in der Fassung für Countertenor und Kammerorchester). Die anspruchsvolle Würdigung für Nomi, der in den späten 1970er- Jahren einen eigenwilligen Mix aus Klassik und Pop zelebrierte, nimmt sich einiger Klassiker des (1983 in New York verstorbenen) Hochtonexzentrikers an.

Da ist Simple Man ebenso dabei wie Nomis Versionen von Henry Purcells Arie Dido's Lament (aus Dido and Aeneas) wie auch jener frostige Geniestreich aus King Arthur (The Cold Song).

Countertenor Andrew Watts allerdings gerät hier in einen dichten akustischen Nebel, der ihn punktuell zu verschlingen droht (etwa bei Simple Man). Das Grundproblem: Der Klang des daran unschuldigen RSO Wien verschmilzt mit Neuwirths zugespielten Ideen zu einem diffusen, sich üppig entfaltenden Klanggemisch. Werkcharme und -struktur sind nur noch zu erahnen, die Hommage erschlägt sich quasi selbst, bleibt neblig unklar. Evident wird immerhin doch noch, wie gut Watts mit dem Material umgeht. Eine eidringliche Stimme durchwandert makellos einen Kosmos, dem zweifellos ungemein subtile Verdunkelungen und Erhellungen des Originals gelingen.

Leider jedoch in einem Raum, dessen Charakter den akustischen Anforderungen des Werkes nicht gerade entgegenkam. (Ljubisa Tosic, 10.11.2015)