Es ist gut, mit Leuten zusammenzusitzen", sagte Kilian Kleinschmidt beiläufig, "die die ganze Sache schupfen." Kleinschmidt ist ehemaliger UN-Leiter des jordanischen Flüchtlingslagers Za'aatari – mit zeitweise 100.000 Bewohner das weltweit zweitgrößte Lager.
Am Dienstag in Nickelsdorf war der Berater des Innenministeriums freilich in doppelter Rolle. Quasi auch als Altbürgermeister von Za' aatari, der weiß, dass weltweit nur zehn Prozent aller Flüchtlinge von solch großen Einrichtungen betreut werden. "90 Prozent werden von der solidarischen Hilfe in den Kommunen getragen." In Dörfern wie Nickelsdorf, dessen SP-Bürgermeister Gerhard Zapfl zur Präsentation einer Plattform geladen hat, auf der sich Kommunen, Blaulichtorganisationen und NGOs auf kurzem Weg vernetzen und austauschen können. Ausdrücklich geladen sind nicht nur EU-Kommunen, sondern alle, die an der vielgenutzten Balkanroute liegen.
Ungehörter Hilferuf
Dass Nickelsdorf diesbezüglich vorgeprescht ist, überrascht nicht. Gerhard Zapfl und sein SP-Kollege Werner Friedl aus dem benachbarten Zurndorf haben schon Anfang September laut um Hilfe gerufen. Der Bettelbrief an die Bundesregierung blieb allerdings "unerhört" (Zapfl), "gekommen ist nix" (Friedl).
Solche Klage ist flächendeckend und transfarbig. Reinhold Höflechner, der schwarze Ortschef aus dem steirischen Straß-Spielfeld, wiederholt sie Richtung rot-schwarzen Bund wortgleich.
Und als Michael Müller, CSU-Ortschef aus dem bayrischen Geretsried, erklärte, er wolle fremde Länder nicht kritisieren, aber seiner eigenen Regierung schon ausrichten, "dass wir doch gerade jetzt keinen Zwist, sondern starke Führung, klare Signale, Handlungsfähigkeit benötigen", nickten seine vier Kollegen mit Vehemenz. "Die Arbeit", so der Bayer, dessen 24.000-Einwohner-Kommune damit rechnet, in den nächsten Jahren zumindest 3000 Neu- zu Normalbürger machen zu sollen, "wird nicht in Berlin oder München gemacht." Und da nickte Nickelsdorf, Zurndorf und Spielfeld entschlossen Richtung Wien. Von dort war Matthias Euler-Roller angereist, Sprecher von Kanzler Faymann, der im Smalltalk gern auch der "Große Abwesenden" genannt wird.
Zurndorfs Werner Friedl, SP-Landtagsabgeordneter, sorgte für das benickte Schlusswort: "Diese Bundesregierung hat alles Vertrauen verloren." (Wolfgang Weisgram, 11.11.2015)