Linz/Wien – Vor drei Wochen war die SPÖ-Spitze empört. Scharf protestierte sie gegen jenes "Arbeitsübereinkommen", das die ÖVP mit der FPÖ in Oberösterreichs Landesregierung schloss. "Die FPÖ ist eine Partei, die nicht regieren kann", wetterte Klubchef Andreas Schieder, Parteiobmann Werner Faymann sagte: Um "zu sehen, dass die FPÖ keine Antworten hat, muss man sie nicht regieren lassen". Im Internet sammelte die SPÖ-Zentrale Unterschriften gegen Schwarz-Blau.

Nun haben die Freiheitlichen in Oberösterreich wieder einen Pakt zustande gebracht, und abermals sprechen die Beteiligten von einem "Arbeitsübereinkommen". Partner ist diesmal allerdings die SPÖ: In der Hauptstadt Linz schloss der rote Bürgermeister Klaus Luger mit seinem blauen Gegenüber Detlef Wimmer einen Pakt, der nicht nur Vereinbarungen zu Themen wie Soziales und Infrastruktur umfasst. Auch das wichtige Finanzressort teilen sich die beiden Parteien künftig.

Protestieren die obersten Genossen in Wien nun wieder? Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid sieht dafür keinen Anlass: "In Linz ist das etwas ganz anderes", sagt er. "Es handelt sich um keine Koalitionsansage und schon gar keine echte Koalition, sondern lediglich um Vereinbarungen zu einzelnen Vorhaben." Die SPÖ schließe ja auch mit den Grünen und der ÖVP derartige Abkommen, ähnlich der im Nationalrat üblichen Zusammenarbeit in Sachfragen. Dass der rot-blaue Pakt angesichts des geteilten Finanzressorts eine tiefergreifende Qualität habe, sieht Schmid nicht so. Es habe eine Vier-Parteien-Einigung über die Ressortverteilung gegeben, außerdem resultiere diese aus der Logik der Konzentrationsregierung, in der prinzipiell alle Parteien vertreten sind: "Wenn es einen blauen Vizebürgermeister gibt, muss man einen Modus Vivendi finden."

Das ließe sich allerdings auch für die oberösterreichische Landesregierung behaupten, die genauso nach dem Konzentrationsprinzip funktioniert. Macht Luger in Linz nicht das Gleiche, was ÖVP-Chef Josef Pühringer vorexerziert hat? Schmid sieht einen entscheidenden Unterschied: "Pühringer hat sich von der FPÖ zum Landeshauptmann wählen lassen, Luger wurde von den Linzer Bürgern gewählt."

Pakt gegen "Kaputtsparen"

Abgesehen vom Schulterschluss im Finanzressort beabsichtigen SPÖ und FPÖ einige strukturelle Reformen: Die Unternehmensgruppe Linz soll künftig in einer Holding-Konstruktion effizienter organisiert werden. Außerdem soll das Magistrat Linz mit den Bezirkshauptmannschaften von Linz-Land und Urfahr-Umgebung enger zusammenarbeiten – eine Fusion nicht ausgeschlossen.

Leistungen der Stadt sollen, soweit möglich, an die Bedingung des Hauptwohnsitzes gebunden werden, genannt werden Mietverträge für geförderte Wohnungen. Überdies gibt es eine Reihe von Bekenntnissen, gegen "Kaputtsparen", für eine "Stärkung der Polizei". Und, für Freiheitliche lehrreich: "Es zählt der Mensch und sein positiver Beitrag zur Gesellschaft; nicht Weltanschauung, Alter, Hautfarbe, Herkunft und Religion." Demnach ist in Linz auch nicht vorgesehen, was die FPÖ im blau dominierten Wels plant: eine Streichung von Sozialleistungen für Nicht-EU-Bürger. (Gerald John, 11.11.2015)