Der neuentdeckte erdähnliche Exoplanet ist vermutlich zu heiß, um Leben zu beherbergen. Seine von der Erde aus potenziell beobachtbare Atmosphäre macht GJ 1132b dennoch zu einem lohnenden Untersuchungsobjekt für Astronomen.

Illu.: NASA/JPL-Caltech

Cambridge – US-Astrophysiker haben einen annähernd erdgroßen Exoplaneten erspäht, der galaktisch gesehen praktisch in unserem Vorgarten sitzt: GJ 1132b ist etwa 1,6-mal so massereich wie die Erde, umkreist einen roten Zwergstern und liegt nur 39 Lichtjahre von uns entfernt. Das macht ihn zum bis dato nächstgelegenen erdähnlichen Exoplaneten.

Eine zweite Erde stellt die benachbarte Welt trotzdem nicht dar, dafür ist es auf ihr schlicht zu heiß: Mindestens 230 Grad Celsius herrschen auf der Oberfläche. Damit hat GJ 1132b wohl mehr mit unserer Venus gemein.

Im Vergleich zu ähnlichen Entdeckungen der vergangenen Jahre ist der Exoplanet aber immer noch kühl – zumindest dürften die Temperaturverhältnisse eine stabile Atmosphäre erlauben, die sich mit Teleskopen untersuchen ließe, wie die Forscher im britischen Fachblatt "Nature" schreiben.

Der Planet kreist in nur 2,25 Millionen Kilometern Entfernung sehr eng um sein Muttergestirn – also 25-mal näher als unser Merkur um die Sonne. Aufgrund dieser Nähe dürfte er eine gebundenen Rotation aufweisen. Mit anderen Worten: Er zeigt seinem Stern immer dieselbe Seite. Alle 1,6 Tage zieht der Exoplanet von der Erde aus gesehen vor seinem Heimatstern vorbei und schattet ihn damit ein wenig ab.

Nur 1,2-mal so groß wie die Erde

Durch diese regelmäßigen Minifinsternisse haben die Astronomen um Zachory Berta-Thompson vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge den Planeten entdeckt. Sie verdunkeln den Stern jedes Mal um 0,3 Prozent, was den Forschern die Größe des Exoplaneten verriet: Mit etwa 1,2-fachem Erddurchmesser kann GJ 1132b aufwarten.

Gemeinsam mit seiner Masse, die sein Muttergestirn messbar hin- und herschwanken lässt, ergibt das die ungefähre Dichte von GJ 1132b. Der Exoplanet ist demnach nur 16 Prozent größer als die Erde und besitzt 60 Prozent mehr Masse – ist also aller Wahrscheinlichkeit nach ein Felsplanet.

Temperaturen wie im Backofen

Obwohl der rote Zwergstern von GJ 1132b nur ein Fünftel so groß ist wie unsere Sonne und lediglich ein Zweihundertstel so viel Licht abstrahlt, herrschen auf dem Exoplaneten durch die enge Umlaufbahn Bedingungen wie in einem Backofen. "Es gibt vermutlich kein flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche – und damit auch wenig Chancen auf Leben, wie wir es kennen. Aber er ist trotzdem viel kühler als die anderen Gesteins-Exoplaneten, die wir bisher kennen", berichtete Berta-Thompson.

Die Forscher spekulieren daher, dass GJ 1132b über eine Atmosphäre verfügen könnte, die jener der Venus ähnelt. Aufgrund seiner Nähe zur Erde eignet sich GJ 1132b ideal für künftige Beobachtungen mithilfe irdischer und orbitaler Teleskope. Berta-Thompson und seine Kollegen sind optimistisch, dass sie in den kommenden Jahren mehr über den nahen "Venus-Zwilling" herausfinden können – darunter etwa die Zusammensetzung seiner Gashülle und vielleicht sogar die Farbe seiner Sonnenuntergänge. (red, 11.11.2015)