Paris/Berlin/Valletta – Der französische Präsident Francois Hollande hat von Deutschland Aufklärung über Angaben gefordert, sein Außenminister Laurent Fabius sei vom Bundesnachrichtendienst (BND) abgehört worden. "Wir verlangen, dass uns alle Informationen zur Verfügung gestellt werden", sagte Hollande am Donnerstag beim EU-Afrika-Gipfel in Malta.

"Es kann solche Praktiken zwischen Verbündeten nicht geben." Er äußerte sich zuversichtlich, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel für Aufklärung sorgen werde.

"Indirekte" Maßnahmen

"Wir haben gefordert und ich tue es erneut, dass uns alle Informationen übermittelt werden, weil wir nicht verstehen können, wie es ein derartiges Verhalten unter Freunden geben kann", sagte Hollande am Rande des europäisch-afrikanischen Gipfeltreffens zur Flüchtlingskrise in der maltesischen Hauptstadt Valetta. Er habe dies bereits bei den Spionagevorwürfen gegenüber dem US-Geheimdienst gesagt und sage es erneut im Fall Deutschlands, sagte der Präsident.

"Ich weiß, dass die Kanzlerin alles tun wird, um uns die genauen Umstände zu nennen, warum ein Minister der französischen Republik abgehört wurde", sagte Hollande. Sie habe ihm versichert, dass diese Praktiken aufgehört hätten, doch wolle er erneut die Bestätigung. Fabius hatte zuvor erklärt, Merkel habe ihm am Rande des Gipfels gesagt, ihrer Kenntnis nach sei es um eine "indirekte" Maßnahme gegangen. Demnach wurden womöglich "Personen abgehört, die sich an mich gewendet haben könnten", sagte Fabius.

Internationale Organisationen belauscht

Am Mittwoch hatte das rbb-Inforadio berichtet, der BND habe neben internationalen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dem UNO-Kinderhilfswerk (UNICEF) und dem Internationalen Strafgerichtshof auch den französischen Außenminister abgehört. Im Oktober war berichtet worden, der BND habe in Verbindung mit dem US-Geheimdienst NSA bis Ende 2013 Verbündete Deutschlands ausgespäht, darunter auch Frankreich. Das deutsche Bundeskanzleramt wies den BND daraufhin an, die Vorwürfe zu klären.

In Frankreich sorgten die Enthüllungen über die US-Spionageaktionen für Empörung. Auch die enge Zusammenarbeit von BND und NSA stieß auf Kritik. Die deutschen Geheimdienste hätten "vor Jahren eine Partnerschaft mit der NSA geschlossen, deren Schädlichkeit heute klar wird", kritisierte etwa der Abgeordnete Jean-Jacques Urvoas. Der Vertraute von Premierminister Manuel Valls rief die Europäer auf, sich unabhängiger von den US-Geheimdiensten zu machen.

Die aktuellen Vorwürfe dürften auch Thema sein, wenn der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Freitag nach Paris kommt. Der Minister will dort zunächst in der deutschen Botschaft mehrere Franzosen wegen ihrer Verdienste nach dem Absturz des Germanwings-Flugzeugs mit dem Bundesverdienstkreuz auszeichnen. Anschließend ist ein Treffen mit seinem Amtskollegen Fabius geplant, bevor er sich am Abend das Fußball-Freundschaftsspiel Deutschland gegen Frankreich anschaut. (APA, 12.11.2015)