Wien – Im Wiener Straflandesgericht sind am Donnerstag drei mutmaßliche Mitglieder einer Schlepperbande zu unbedingten Freiheitsstrafen verurteilt worden. Die Angeklagten – zwei Syrer im Alter von 24 und 25 Jahren und ein 38-jähriger gebürtiger Iraker – sollen in unterschiedlicher Zusammensetzung an der Schleusung von mindestens 250 Flüchtlingen durch Österreich beteiligt gewesen sein.

Bei den Männern handelte es sich um – wie Verteidiger Alexander Philipp anmerkte – "kleinste Rädchen" einer Organisation, die gezielt und gegen entsprechendes Entgelt in großem Stil vor allem syrische Flüchtlinge nach Europa brachte bzw. bringt. Aufgabe der Angeklagten war es in erster Linie, Neuankömmlinge in Österreich zu übernehmen. Laut Anklage brachten sie gemeinsam mit abgesondert verfolgten Mittätern die Flüchtlinge von der Grenze nach Wien, ließen sie in einem Appartement in Meidling nächtigen und sorgten dafür, dass diese – oft schon am nächsten Tag – in ihre Zielländer Deutschland, Dänemark und Schweden weiterreisen konnten. 60 Fakten hatte Staatsanwalt Jürgen Santin in seiner Anklageschrift zusammengefasst.

Übersetzungsdienste

Die Syrer wurden zu 15 bzw. 18 Monaten, der aus dem Irak stammende Mann zu zwei Jahren Haft verurteilt. Letzterer soll an der Schleusung von 170 Personen beteiligt gewesen sein, indem er Übersetzungsdienste leistete, Fahrer organisierte bzw. selbst als Chauffeur tätig wurde. "Ich bin kein Organisator", bestritt der 38-Jährige die ihm unterstellte federführende Beteiligung. Er erklärte, er habe in Wien regelmäßig an Pokerturnieren teilgenommen und am Rückweg nach Deutschland, wo er seit Jahren lebt, bei lediglich vier Fahrten jeweils vier Personen mitgenommen – "in einem Mercedes mit Klimaanlage", wie er ausdrücklich betonte. Da es sich dabei um einen Mietwagen handelte und er die Flüchtlinge teilweise an deren Wunschadressen ablieferte, habe er pro Fahrt 600 Euro bekommen, gab der von Verteidiger Sebastian Lesigang vertretene Mann zu Protokoll. Ums Geld sei es ihm nicht gegangen: "Wenn sie Flüchtlinge sind, dann helfe ich ihnen halt."

Ähnlich argumentierten die jungen Syrer. Sie hätten zunächst vor allem Verwandten, Freunden und Nachbarn geholfen und "kein Geld kassiert", wie der Jüngere bemerkte. Per Mundpropaganda habe sich dann herumgesprochen, dass sie beim Dolmetschen, mit einer Unterkunft und Transporten nach Deutschland dienen konnten. Die Anklage legte ihnen zur Last, im Zeitraum Dezember 2014 bis April 2015 80 bzw. 100 Personen Richtung Norden geschleust zu haben.

550 und 600 Euro pro Fahrt

Dabei bedienten sich die jungen Syrer regelmäßig eines Wiener Taxifahrers, der 14 Fahrten durchgeführt haben soll, die meist in Passau zu Ende gingen. Pro Fahrt kassierte der Taxler – je nach Anzahl der beförderten Personen – zwischen 550 und 600 Euro – was dem Tarif entsprach, den er verrechnen hätte dürfen, wenn es sich dabei um reguläre Fahrten gehandelt hätte. Daher wurde der 55-Jährige, der als angeblicher Beteiligungstäter ebenfalls zur Anklage gebracht worden war, rechtskräftig freigesprochen.

Die schuldig gesprochenen Männer akzeptierten die über sie verhängten Strafen. Der Staatsanwalt erbat hinsichtlich der Syrer Bedenkzeit, im Fall des Irakers meldete er Berufung an. Die Urteile sind daher nicht rechtskräftig. (APA, 12.11.2015)