Wien – Über parteipolitische Jugendorganisationen wie die Sozialistische Jugend (SJ), die Junge ÖVP (JVP), den Ring Freiheitlicher Jugend (RFJ), die Jungen Grünen, die Jungen liberalen Neos (Julis) und das Team 2.0 – Junges Team Stronach ergießt sich jährlich ein Geldregen allein aufgrund des Umstands, dass ihre "Mutterpartei" im Nationalrat vertreten ist. Geregelt ist das im Bundesgesetz über die Förderung der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit.

Dem zufolge ist "höchstens einer parteipolitischen Jugendorganisation jeder zum jeweils 1. Jänner des Antragsjahres im Nationalrat vertretenen Partei eine Förderung in der Höhe von 50.871 Euro pro angefangenen zehn Abgeordneten der Partei, der die Jugendorganisation zuzurechnen ist, zu gewähren".

Neben dieser Basisförderung erhalten die Jugendorganisationen pro angefangenen 10.000 Mitgliedern 7.267,3 Euro. Zusätzlich können Jugendorganisationen, die eine Basisförderung erhalten, noch einmal um denselben Beitrag für Projektförderungen ansuchen – dieses Geld muss für "Projekte" verwendet werden. Außerdem vergütet wird der Mitgliedsbeitrag für die Geschäftsstelle der Bundesjugendvertretung – mit 9.000 Euro pro Fraktion.

Über 1,3 Millionen pro Jahr

Die Sozialistische Jugend kommt somit im Jahr 2015 insgesamt auf mehr als 365.000 Euro. Die Junge ÖVP darf sich über gut 343.000 Euro freuen, der Ring Freiheitlicher Jugend über rund 249.000 Euro. Mit etwas weniger müssen die Jugendorganisationen der kleineren Parlamentsfraktionen auskommen: 169.000 Euro (Junge Grüne), 118.000 (Team 2.0) und 67.000 (Junos). Das ergibt eine Gesamtsumme von mehr als 1,3 Millionen Euro. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage der Neos hervor, beantwortet vom Familienministerium, das für die Verteilung des Geldes zuständig ist.

Das Geld wird zum Zweck der Jugendförderung ausgeschüttet. Ziel laut Gesetz ist die "Förderung von Maßnahmen der außerschulischen Jugenderziehung und Jugendarbeit, insbesondere zur Förderung der Entwicklung der geistigen, psychischen, körperlichen, sozialen, politischen, religiösen und ethischen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen".

Wie aus der Anfrage hervorgeht, dürften die Jugendorganisationen stets den Vorgaben des Fördergebers Genüge getan haben. Zumindest sind in den Aufzeichnungen seit dem Jahr 2004 keine finanziellen Diskontinuitäten in der Ausschüttung der Fördermittel festzustellen. Ob die Gelder tatsächlich gesetzeskonform verwendet wurden, ist für die Öffentlichkeit nicht nachvollziehbar. Bis dato hat auch der Rechnungshof keine Prüfung vorgenommen.

Überprüfung nicht transparent

Aus dem Familienministerium heißt es auf Anfrage des STANDARD: Die Einhaltung der Förderbedingungen werde vom Ministerium anhand der dafür vorgesehenen Nachweise (Statuten, Mitgliedschaft bei der Bundesjugendvertretung) "in regelmäßigen Abständen gewissenhaft überprüft". Zur Überprüfung werde ein "vollständig ausgefüllter Förderungsbericht" samt Rechnungen vorgelegt.

Neben der korrekten finanziellen Gebarung müssen die Jugendorganisationen auch die "kontinuierliche Qualitätssicherung" ihrer Arbeit nachweisen. Zu diesem Zweck müssen sie das 16 Seiten starke "Formblatt zur Qualitätssicherung" ausfüllen. Abgefragt werden darin Allgemeinplätze, etwa inwieweit die Organisation auf eine geschlechtergerechte Darstellung achtet und welche Aktivitäten sie zur Förderung der Partizipation von Kindern und Jugendlichen setzt. Zudem müssen Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse der Person, die mit der kontinuierlichen Qualitätssicherung betraut ist, angegeben werden.

Qualitätssicherung bleibt Amtsgeheimnis

Auf die Frage des STANDARD, ob diese Maßnahmen für die Öffentlichkeit einsehbar sind, heißt es vom Familienministerium: "Nein, da diese Informationen zum Teil auch personenbezogene Daten enthalten und damit gemäß Datenschutzgesetz nicht öffentlich sind."

Josef Barth vom Forum für Informationsfreiheit, das sich für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses einsetzt, kann das Argument des Datenschutzes nicht nachvollziehen, zumal die betreffenden Passagen problemlos geschwärzt werden könnten. Darüber hinaus sei abzuwägen, ob das Argument des Datenschutzes für eine im Rahmen einer politischen Organisation agierende Person höher wiegt als das öffentliche Interesse.

Laut Barth könnte das Familienministerium auch nach Beschluss des derzeit in Begutachtung befindlichen Gesetzesentwurfs zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses (DER STANDARD berichtete) der Öffentlichkeit die abgefragten Informationen unter Berufung auf den Datenschutz vorenthalten. Nach wie vor bliebe nur der Gang zum Verwaltungsgericht, für den das Familienministerium zuerst einen offiziellen Bescheid ausstellen müsste, in dem die Auskunft verweigert wird. Für eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts müsste man sich laut Barth auf eine längere Wartezeit einstellen. Derzeit sei ein Fall des Forums für Informationsfreiheit dort seit eineinhalb Jahren anhängig.

Die erneute Bitte des STANDARD, die ausgefüllten Formblätter zur Qualitätssicherung an Stellen mit personenbezogenen Daten geschwärzt zu übermitteln, lehnte das Familienministerium ab. Begründung: "Auch durch die Inhalte können Rückschlüsse auf die Organisation gezogen werden, da es ja nur sechs Organisationen sind, die noch dazu sehr unterschiedlich aufgestellt sind. Daher muss ich aus datenschutzrechtlichen Gründen leider Ihrem Anliegen absagen."

Finanzielle Gebarung intranspartent

Für die Öffentlichkeit geheim bleibt auch, wofür die Jugendorganisationen ihr Geld konkret ausgeben. Auf Fragen danach bleibt die Parteijugend bis auf die Junos weitgehend vage.

Auf Anfrage des STANDARD erklärt die SJ, dass sie einen Großteil des Geldes für Bildungsarbeit und Kampagnen ausgibt. 2014 wurden etwa zwei große Wochenendseminare organisiert, an denen jeweils rund 200 Jugendliche teilnahmen. Kampagnen gab es zu Jugendarbeitslosigkeit sowie Aufklärung und kostenloser Verhütung.

Etwas konkreter in ihren Angaben ist die JVP. 60 Prozent der Mittel aus dem Familienministerium verteilt sie an die Landesorganisationen, der Rest bleibt bei der Bundesorganisation. Wofür die JVP das Geld ausgeben hat? Unter anderem für politische Jugendkampagnen- und Veranstaltungen, Mitgliederschulung, Seminare, internationale Aktivitäten, Büro und Infrastruktur, Öffentlichkeitsarbeit, Bundesleitung, Reise- und Fahrtspesen und Bewirtungsaufwand.

Der RFJ verwendet rund 40 Prozent der Fördermittel für Schulungen aller Mitglieder und Seminare in allen Bundesländern, 20 Prozent für Publikationen, 20 Prozent für Infokampagnen und 20 Prozent für Büro-, Overhead- und Mitarbeiterkosten, ist zu erfahren.

Die Grünen geben auf Anfrage des STANDARD an, ihre Gelder für die Neujahrskonferenz ausgegeben zu haben, Kampagnen zur Legalisierung von Cannabis und Jugendpartizipation im städtischen Raum sowie für das Sommercamp 2014. Weiters gaben die Jungen Grünen die Basisförderung aus für "Büromiete, Personalkosten, Gremienarbeit, Anschaffungen, Infrastruktur- und Verwaltungskosten".

Essen mit Frank Stronach

Der Team-2.0-Finanzreferent erklärt dem STANDARD, man sei bestrebt, die Fixkosten so gering wir möglich zu halten. Die Förderungen wurden unter anderem für eine Kampagne gegen Cybermobbing und einen Vortrag zum Thema Jobeinstieg verwendet. Ein weiteres Projekt ist in der Pipeline: Politisch interessierte Jugendliche können ein Essen mit Parteigründer Frank Stronach gewinnen. Zu diesem Zweck werden etwa Freecards gedruckt, die ein Treffen mit dem Parteiboss bewerben. Der Team-2.0-Finanzreferent: "Frank Stronach hat für diese Kampagne sein Okay gegeben. Für ihn ist die Jugend die Zukunft."

Gefragt, ob die Verlosung eines Essens mit dem Parteichef samt Bewerbung im Vorfeld rechtskonform zu den Förderrichtlinien des Familienministeriums ist, heißt es aus dem Ministerium: Das "kann nur eine Prüfung des Einzelfalles ergeben".

Junos: "Zu viel Geld tut Politik nicht gut"

Einzig die Junos übermittelten dem STANDARD eine genauere Aufschlüsselung, in der die Verwendung der Jugendförderung für das Jahr 2014 nachvollzogen werden kann. So gaben sie für Bundeskongresse und Veranstaltungen 18.000 Euro aus, 900 Euro für Reisespesen und 4.000 Euro für die Datenbank. Eingaben- und Ausgabenrechnungen sind außerdem auf junos.at/transparenz detailliert nachvollziehbar.

Junos-Chef Douglas Hoyos kritisiert die Förderung der Parteijugendorganisationen: "Das Bundesjugendfördergesetz bevorzugt vollkommen ungerechtfertigterweise parteipolitische Jugendorganisation gegenüber verbandlich organisierten. Zu viel Geld tut Politik nicht gut, erst recht nicht der Jungpolitik."

Sie fordern nachvollziehbare Kriterien für Förderungen und absolute Transparenz. Der Neos-Abgeordnete Gerald Loacker schlägt vor, dass die Summen für politische Vorfeldorganisationen wie die Jugendorganisationen direkt von der Parteienförderung abgezogen werden. (Katrin Burgstaller, 17.11.2015)