Wien – Seit Monaten steht fest, dass sich viele Betriebe im neuen Jahr eine Registrierkasse zulegen und jedem Konsumenten einen Beleg ausstellen müssen. Trotzdem tappen viele noch immer im Dunkeln angesichts der Frage, welche technischen Neuerungen genau auf sie zukommen. Eine Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums soll nun die größten Detailfragen klären. DER STANDARD hat sich angesehen, worum es dabei geht.

Frage: Stichwort Registrierkasse – welche Änderungen sind das noch einmal, die da auf die Unternehmer zukommen?

Antwort: Mit 1. Jänner 2016 treten die Belegerteilungspflicht und die Registrierkassenpflicht in Kraft. Erstere gilt für alle Betriebe unabhängig von ihrer Größe, Letztere nur für Unternehmen mit mehr als 15.000 Euro Jahresumsatz und davon mindestens 7.500 Euro Barumsatz (unter anderem Bargeld, Bankomatkarten- und Kreditkartenzahlungen). Ausnahmen gibt es auch, etwa für Geschäfte im Freien, bei denen erst ab 30.000 Euro Umsatz eine Kasse angeschafft werden muss. Diese "Kalte-Hände-Regel" betrifft zum Beispiel Maronibrater, Fiaker oder Betreiber von Schneebars. Sie können weiterhin per Kassensturz abrechnen. Erleichterungen gibt es zum Beispiel auch für Onlineshops und "mobile Gruppen", also Unternehmer, die ihre Leistungen außerhalb der Betriebsstätte erbringen. Tierarzt, Masseur, Fremdenführer und Co müssen keine Registrierkasse mitführen, sondern können bei Leistungserbringung einen Beleg ausstellen und die Belegdurchschrift später in der Betriebsstätte nachträglich erfassen.

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In der Kassenlade herrscht gewöhnlich Ordnung. Weniger Klarheit gibt es bei den Details zur kommenden Kassen- und Belegerteilungspflicht. Auch neue Geräte müssen noch umgestellt werden.
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Frage: Wo liegt das Problem?

Antwort: Vor allem bei den vielen noch offenen Details: ob beispielsweise auch Taxis zur mobilen Gruppe zählen oder jedes Taxi eine eigene Kasse mitführen muss. Oder wie detailliert ein Händler seine verkaufte Ware auf dem Kassenzettel benennen muss. Die wichtigsten Fragen werden in einem Umsetzungserlass des Finanzministeriums geklärt, der dieser Tage ergeht. Das war aber noch nicht alles. 2017 muss dann jede Registrierkasse zusätzlich mit einer technischen Sicherheitseinrichtung gegen Manipulationen ausgestattet sein. Dadurch können Umsätze nicht einfach gestrichen werden, etwa am Ende des Monats, um so die Einnahmen und damit die Abgabenlast zu mindern.

Frage: Wird denn so viel betrogen?

Antwort: Glaubt man Experten, dann ist der systematische Umsatzsteuerbetrug vor allem in der Gastronomie ein weitverbreitetes Phänomen. Ein beliebter Trick: Ein Unternehmer verwendet zwei Kassen, nur eine davon speist Daten in die Buchhaltung ein – bei der zweiten wird es "vergessen". Das werde in Zukunft bei Prüfungen leichter auffallen, sagt Markus Knasmüller, Kassenexperte und Sachverständiger für Softwareentwicklung. "Ein Prüfer nimmt den Beleg, den er beim Mystery-Shopping erhält, und kann auf Knopfdruck feststellen, ob er in der Kasse aufgezeichnet wurde oder nicht." Die Belegerteilungspflicht wiederum soll es Betrieben erschweren, Einnahmen einfach nicht in die Kasse einzugeben. "Wir haben jetzt acht Millionen Finanzpolizisten. Wer keinen Beleg ausgibt, outet sich als Betrüger", geht Knasmüller von einem psychologischen Effekt aus.

Neben dem erwähnten Mystery-Shopping kann die Finanzpolizei oder ein Betriebsprüfer das Kassensystem bei Kontrollen oder im Rahmen von Außenprüfungen unter die Lupe nehmen. Die Strafe beträgt bis zu 5.000 Euro, außerdem können die Einnahmen geschätzt werden, was meist höhere Steuerzahlungen zur Folge hat.

Frage: Das Finanzministerium will bis Mitte 2016 nicht strafen. Heißt das, betroffene Unternehmer können noch ein halbes Jahr abwarten?

Antwort: Zu empfehlen ist es nicht, zumal ab dem zweiten Quartal ein triftiger Grund vorzuweisen ist. Die zusätzliche Schonfrist kam auf Druck der Wirtschaftskammer und anderer Kritiker zustande, denen die Einführung zu kurzfristig erfolgte. Ihr Argument: Viele Betriebe müssen sich erst informieren, welches Kassensystem für sie das günstigste ist. Nicht ganz unberechtigt. Bis Mitte 2016 ist das aber jedem Unternehmen zumutbar – zumal es genügend Informationsveranstaltungen gibt, unter anderem von der Wirtschaftskammer.

Frage: Wie viele Arten von Registrierkassen gibt es denn?

Antwort: Unzählige. Je nach Anzahl und Art der Barumsätze wird von Einzelkassen bis hin zu Systemlösungen mit vielen Endgeräten so ziemlich jede Branche und jedes Erfordernis abgedeckt. Auch elektronische Waagen und Taxameter lassen sich zu Registrierkassen umrüsten. Besonders interessant: Tablet, Smartphone oder PC können in Kombination mit der richtigen Software, einer Internetverbindung und einem kleinen Bondrucker die Funktion einer Eingabestation übernehmen. Der Manipulationsschutz erfolgt dabei über eine Handysignatur.

Frage: Schön und gut. Aber für größere Unternehmen bedeutet die Umstellung sicher hohe Kosten.

Antwort: Auch das hängt ganz vom Geschäftsmodell ab. Lizenzen für mobile Lösungen gibt es ab wenigen Euro pro Monat. Laut Finanzministerium und Wirtschaftskammer kostet die Anschaffung beziehungsweise Umrüstung einer "einfachen" Registrierkasse mit entsprechendem Sicherheitssystem 400 bis 1.000 Euro. Alle Kosten sind steuerlich absetzbar. Für jedes neu angeschaffte Kassensystem werden vom Fiskus 200 Euro rückerstattet, ebenso viel für jede zusätzliche Kasse im Falle einer Systemlösung.

Frage: Kritiker meinen, den Betrieben entsteht ein nicht zumutbarer bürokratischer Aufwand. Was ist dran?

Antwort: Richtig ist, dass besonders für kleinere Unternehmen, die sich erstmals eine Registrierkasse anschaffen müssen, Kosten und Zeitaufwand relativ hoch sind. Die Auswahl des passenden Kassensystems ist das eine Problem, die nachträglichen Änderungen das andere. Laut Knasmüller kann aufgrund der technischen Fragezeichen noch kein Hersteller eine Kassensoftware fix und fertig programmiert haben, die den Vorschriften ab 2017 entspricht. Das bedeute große Unsicherheit: Der Unternehmer muss darauf vertrauen, dass die Kasse im Laufe des kommenden Jahres umgestellt wird. Wenn nicht – etwa weil der Hersteller in Konkurs geht –, darf er mit der neuen Kasse ab 2017 nicht mehr weiterarbeiten.

Verena Trenkwalder, Vorsitzende des Fachsenats für Steuerrecht in der Kammer für Wirtschaftstreuhänder (KWT), beklagt, die Einführung hätte insgesamt "sorgfältiger und weniger überhudelt" erfolgen müssen. Das Finanzministerium betont, kritische Stellungnahmen wie jene der KWT seien in den Erlass eingearbeitet worden, im Sinne "unbürokratischer Lösungen". Für viele Betriebe bringen elektronische Rechnungslegung und Umsatzerfassung per App oder moderner Kasse jedenfalls auch Vorteile: Kostenkontrolle und andere Auswertungen werden wesentlich einfacher. (Simon Moser, 13.11.2015)