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Sebastian Coe weiß Russlands Signale sicher zu deuten.

Foto: EPA/WU HONG

Moskau/London – Wladimir Putin macht den russischen Dopingskandal zur Chefsache. Öffentlich reicht der Staatspräsident den Ermittlern die Hand, gleichzeitig erhöht er den Druck auf Sebastian Coe. Der Präsident des Leichtathletikweltverbandes (IAAF) erörtert heute per Telefonkonferenz mit seinen 26 Kollegen im Council mögliche Sanktionen gegen den russischen Landesverband. Dem und höchsten Regierungs- und Geheimdienstkreisen unterstellte eine unabhängige Untersuchungskommission der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) systematisches, staatlich gefördertes Doping.

Coes Weltverband wurde in den vergangenen Jahren von der halbstaatliche russische Bank VTB finanziell gefördert. Just am Tag, bevor die Drähte der IAAF-Spitze heißlaufen, kündigte die VTB an, den auslaufenden Sponsorenvertrag nicht zu verlängern. "Wir haben nicht die Absicht, ihn zu erneuern", sagte VTB-Vizepräsident Wassili Titow. Die zweitgrößte Bank Russlands befindet sich zu 60,9 Prozent in Staatsbesitz – also entscheidet immer der Kreml mit.

Die Warnung an Coe könnte nicht klarer sein. In seiner ersten offiziellen Stellungnahme versprach Putin natürlich Aufklärung. Das Dopingproblem existiere zwar "nicht nur in Russland. Aber wenn unsere ausländischen Kollegen Fragen haben, ist es notwendig, dass keine offen bleiben", sagte der 63-jährige Staatslenker und kündigte die "offenste und professionellste Zusammenarbeit mit internationalen Anti-Doping-Behörden" an. Ein Ausschluss der russischen Leichtathleten von Olympia 2016 in Rio träfe Sportsfreund Putin hart. "Wir müssen alles tun, um uns von diesem Problem zu befreien", sagte er.

Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), konnte sich noch nicht zu einer Meinung durchringen. Eine mögliche Suspendierung sei Sache der IAAF, allerdings seien die aufsehenerregenden Enthüllungen der Untersuchungskommission "traurig und schockierend". Der Deutsche stellte harte Strafen für überführte Täter in Aussicht: "Medaillen könnten aberkannt und neu vergeben, Sportler und Athleten bestraft und von der IAAF ausgeschlossen werden."

Deutlicher wurde Bachs und Coes Vize Sergej Bubka. "Wir müssen das Fall für Fall, Person für Person durchgehen", sagte der Stabhochsprungolympionike und -Weltrekordler aus der Ukraine. "Alle, die involviert sind – Offizielle, Trainer oder Manager – müssen den Preis bezahlen. Aber normale Athleten, die mit dem Fall nichts zu tun haben, sollten nicht einen einzigen Wettbewerb verpassen." (sid, red, 12.11.2015)