Frankfurt am Main – Wolfgang Niersbach gerät durch das brisante Beckenbauer-Papier immer mehr ins Zwielicht. Drei Tage nach seinem Rücktritt als DFB-Chef wird berichtet, dass Niersbach schon länger von dem ominösen Vertragsentwurf zwischen dem damaligen Organisationskomitee-Chef Franz Beckenbauer und Fifa-Spitzenfunktionär Jack Warner gewusst haben soll.

Seine frühere Aussage, dass es keinen Stimmenkauf bei der Vergabe der WM 2006 an Deutschland gegeben hat, tätigte er möglicherweise wider besseres Wissen. Erstmals gerät auch DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock in die Kritik. Neben Niersbach soll Sandrock von dessen Stellvertreter Stefan Hans über das Papier informiert worden sein, schrieb die "Süddeutsche Zeitung". Der Verband wollte sich wegen der laufenden Ermittlungen nicht äußern.

Der Vertragsentwurf von 2000, vier Tage vor der WM-Vergabe, hatte dem inzwischen wegen Korruption gesperrten Fifa-Wahlmann Warner aus Trinidad und Tobago Vorteile garantiert. Es ist aber unklar, ob das je umgesetzt wurde. Das Schreiben soll Hans im Verbandsarchiv entdeckt haben, nachdem die Recherchen wegen der Zahlung von 6,7 Millionen Euro des DFB an die Fifa begonnen hatten.

Anruf von Hans

Hans hat nach "SZ"-Angaben den Mitgliedern des DFB-Präsidiums in einem Brief mitgeteilt, dass er damals Niersbach und Sandrock unverzüglich von seinem Fund informiert habe – und zwar vor der missratenen Pressekonferenz Niersbachs am 22. Oktober. Damals konnte der DFB-Präsident viele Fragen nicht beantworten, sagte aber: "Es ist bei der WM-Vergabe 2006 alles mit rechten Dingen zugegangen. Es hat keine schwarzen Kassen gegeben, es hat keinen Stimmenkauf gegeben."

Unterschrieben hat den Vertragsentwurf laut DFB-Darstellung Beckenbauer, den Entwurf soll der einstige OK-Vizepräsident Fedor Radmann paraphiert haben. Bayern Münchens Verwaltungsbeiratsmitglied Herbert Henzler geht davon aus, dass für die Vergabe der WM 2006 in Deutschland Geld geflossen ist. "Man hat alle Weltmeisterschaften vergeben mit irgendwelchen Zahlungen. Das war in Japan und Südkorea so, das war in Frankreich so", sagte Henzler am Donnerstagabend. Er gilt als ein Beckenbauer-Vertrauter.

Beckenbauer selbst äußert sich weiter nicht öffentlich zu dem brisanten Papier. Unterdessen sprang ihm weiter Fußballprominenz zur Seite. Leverkusen-Sportdirektor Rudi Völler sagte der "Bild"-Zeitung: "Bei aller Aufklärungsarbeit sollte niemand vergessen, was Franz Beckenbauer für den deutschen Fußball getan hat." Dortmund-Boss Hans-Joachim Watzke meinte: "Franz wollte die Weltmeisterschaft unter allen Umständen nach Deutschland holen. Nicht für sich, sondern für die Deutschen." (APA, 12.11.2015)