Bereits bestehende Barrieren in Spielfeld. Nun haben sich SPÖ und ÖVP auf einen konkreten Grenzzaun geeinigt.

Foto: Christian Fischer

Zwischen Mur und dem steirischen Grassnitzberg wird die koalitionäre Barriere aus Maschendraht errichtet.

Wien – Das rot-schwarze Gezerre um den Zaun hat ein Ende. Am Freitag präsentierte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) mit dem "lieben Josef" und dem "lieben Gerald", gemeint waren Kanzleramtsminister Ostermayer und Verteidigungsminister Klug (beide SPÖ), jene Barriere, die Österreich vor einem unkoordinierten Flüchtlingsansturm im Süden bewahren soll.

Stacheldraht in Containern bereit

Nach einer mehr als siebenstündigen finalen Verhandlungsrunde ist ein typischer koalitionärer Kompromiss herausgekommen: Östlich und westlich des neu zu gestaltenden slowenischen-steirischen Grenzübergangs Spielfeld wird ein 200 Meter bzw. 3,5 Kilometer langer und 2,2 Meter hoher Maschendrahtzaun aufgezogen – und zwar mit einer Verlängerungsoption auf 25 Kilometer, also jene Länge, die sich Mikl-Leitner vorgestellt hat. Dazu sollen für den Worst Case, also wenn hunderte Flüchtlinge die 3,7 Kilometer lange Barriere durchbrechen, in Containern Stacheldrahtrollen bereitliegen (weil sich sonst "Tiere verletzen"), die dann aber sofort ausgelegt werden können. Bis zuletzt hatte sich die SPÖ-Seite gegen eine solche permanente Vorrichtung, als Equipment der Nato-Staaten bekannt, gewehrt.

Keine Orbanisierung

Das Wording zum ersten Zaunbau innerhalb des Schengen-Raumes fiel unterschiedlich aus. Verteidigungsminister Klug sprach von "einem Leitsystem im angrenzenden Gelände". Sein Regierungskollege Ostermayer betonte, dass es sich um "einen G7-Zaun" handle, also eine Sperre, die auch bei den Gipfeln der führenden westlichen Industrienationen zum Einsatz kommt. Mikl-Leitner wiederum erklärte das Nichtzustandekommen der von ihr begehrten Version damit, dass der Nachbar Slowenien darum gebeten habe, von einem 25-Kilometer-Zaun abzusehen. In vereinterer Tonart ging es weiter, als auch Journalisten internationaler Medien nachbohrten. "Eine Orbansierung Österreichs findet nicht statt", hielt Klug in Anspielung auf Ungarns Premier Viktor Orban fest. Mikl-Leitner betonte: "Es handelt sich nicht um eine Abschottung, sondern um eine Absicherung, damit ein kontrollierter Zutritt in die Republik erfolgt."

Gespräche mit Grundstückseigentümern

Dazu versicherte sie, dass die EU-Kommission über Österreichs Pläne bereits informiert sei, und: "Es ist Schengen-konform." Ostermayer verwies darauf, dass der Kodex nicht verletzt werde, wenn es sich um temporäre bauliche Maßnahmen handle, die ja jederzeit beseitigt werden können.

Stehen wird der 1,2 bis 2 Millionen teure Zaun wohl frühestens mit Jahresende, denn: Zuerst müssen mit 18 Eigentümer von 71 betroffenen Grundstücken Gespräche geführt werden. Der Bau selbst wird bis zu sechs Wochen dauern – und bis dahin sollen auch für die 25-Kilometer-Variante entsprechende Bodenvorrichtungen geschaffen werden.

In 30 Minuten überwindbar

Schon demnächst wird der gesamte Grenzraum rund um Spielfeld "bestreift" , mit Patrouillen aus Polizei und Militär, wie Konrad Kogler, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, ausführte. Denn im internen Expertenpapier wird festgehalten, dass der Zaun "ohne Überwachung binnen 30 Minuten überwindbar ist".

Heftige Kritik

Für die Chefin der Sozialistischen Jugend, Julia Herr, ist all das "ein Schlag gegen die Menschlichkeit". Auch Grüne und Neos üben heftige Kritik ("beschämend", "hat in Europa nichts verloren"). FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und dem Team Stronach geht der Zaun jedoch zu wenig weit ("absurd", "viel Lärm um nichts"). Die Volkshilfe wiederum rief dazu auf, ihre Anti-Zaun-Petition zu unterzeichnen, die Diakonie sprach von "einem schrecklichen Symbol". (Nina Weißensteiner, 13. 11. 2015)