Dornbirn informiert Bettelnde mit Piktogrammen.

Foto: Stadt Dornbirn

Dornbirn – Was sich nach der Räumung von Zeltlagern bettelnder rumänischer Familien abgezeichnet hat, ist jetzt Realität: Dornbirn verschärft seine Vorschriften gegen Bettelnde. Betteln ist in Vorarlbergs größter Stadt mit rund 50.000 Einwohnern an Markttagen künftig verboten, konkret mittwochs und samstags während des Wochenmarkts.

Verbotszone ist der Kern der Innenstadt (Marktstraße mit angrenzenden Bereichen). Die Stadt reagiere damit auf zahlreiche Beschwerden der Marktbesucherinnen und Marktbesucher sowie der Betreiber der Marktstände, begründet Bürgermeisterin Andrea Kaufmann (VP) die Verordnung. Das Bettelverbot besteht auch während des Christkindlemarkts und anderer themenspezifischer Märkte.

Gegen Menschenrechte und Verfassung

Das Bettelverbot werde die Probleme nicht lösen, sagt die grüne Stadträtin Juliane Alton. Betteln sei ein Menschenrecht, die Politik müsse einen menschenrechtskonformen und menschenwürdigen Umgang mit Bettelnden finden, fordern die Grünen. Alton befürchtet zudem eine "Unmenge an Kosten für die Exekution der Bettelverbote".

Ebenfalls gegen das Bettelverbot stimmten die Neos. "Weil unseres Erachtens das Bettelverbot in der vorgelegten Form überschießend und nicht verfassungskonform ausgestaltet ist", so Gerald Loacker. Stummes Betteln sei eine Form der freien Meinungsäußerung, das zu verbieten widerspreche der Verfassung.

Kein wildes Zelten mehr

Die bestehende landesweite Regelung hätte ausgereicht, um Spielregeln auszuhandeln, zur Deeskalation sei die neue Verordnung nicht geeignet, sagt Alton und verweist auf einen Gewaltakt, der sich Mittwochnacht ereignete: Zwei Dornbirner hatten sich als Polizisten ausgegeben und wollten von campierenden Bettlergruppen Gebühren kassieren. Als die betroffenen Personen die Zahlung verweigerten, versuchten die falschen Polizisten Zelte anzusengen und wurden gewalttätig.

Zeltlager bettelnder Familien sollen künftig durch die neue Campingverordnung verhindert werden. Verboten ist das Campieren auf öffentlichen und privaten Flächen. Ausgenommen sind deklarierte Campingplätze, temporäre Sportcamps bei Veranstaltungen und das Aufstellen von Zelten auf Privatgrund, wenn ausreichend sanitäre Einrichtungen vorhanden sind und die Müllentsorgung gewährleistet ist. Die maximale Dauer des Zeltens auf der Privatwiese wird mit zwei Wochen definiert. Damit solle weiterhin möglich sein, "dass Kinder im Sommer neben dem Haus ein Zelt aufstellen", sagt Kaufmann.

Der Vorschlag der Grünen, in Vorarlberg zwei Lagerplätze mit minimaler Infrastruktur einzurichten, wurde abgelehnt. Die Freiheitlichen fordern nun Bettelverbote auch in anderen Städten. (Jutta Berger, 13.11.2015)