Der "Islamische Staat" (IS) bekennt sich zu einem mutmaßlichen Anschlag auf ein russisches Passagierflugzeug auf dem Sinai, er schickt Selbstmordattentäter in ein schiitisches Viertel Beiruts, er bombardiert das Hauptquartier der saudisch-geführten Allianz in der jemenitischen Stadt Aden, dringt in Libyen und andere nordafrikanische Länder ein und schlägt seine Wurzeln in Zentralasien. Dass seine Anziehungskraft für jihadistische Einzeltäter oder Kleingruppen auch in nichtislamischen Ländern groß ist, hat sich bereits schmerzlich erwiesen.

Für die Sicherheitsexperten ist die große Frage, ob, wenn in Ägypten, dem Libanon oder anderswo Anschläge unter dem Namen des IS verübt werden, das bedeutet, dass operative Verbindungen bestehen: ob direkte Befehle aus den IS-Zentralen in Syrien oder dem Irak kommen oder die Taten dort zumindest abgesegnet werden. Für den Libanon ist das schon aus rein geografischen – und demografischen – Gründen wahrscheinlich. Für Ägypten oder Libyen und anderswo sind sich die Sicherheitsexperten nicht einig.

Al-Kaida war als horizontale Organisation bekannt, an deren Rändern sich Gruppen ansiedelten und Anschläge als Al-Kaida verübten, noch bevor sie überhaupt von dieser wahrgenommen und anerkannt wurden. Aber der IS hat ganz klar strukturelle Fähigkeiten, die Al-Kaida fehlten. Wer einen Quasi-Staat gründen kann, der ist auch zu einer vertikalen Organisation des internationalen Terrors fähig. (Gudrun Harrer, 13.11.2015)