Das Schweizer Portal Watson.ch nach den Anschlägen von Paris.

Foto: Watson.ch Screenshot

Gründer, Geschäfsführer, Herausgeber Hansi Voigt (52).

Foto: Hansi Voigt/Watson.ch

Wien – Das für junge Leser und mobile Nutzung gedachte und gemachte Schweizer Onlineportal Watson.ch will nur mit finanzkräftigen Partnern einen Ableger in Österreich starten. "Ich würde nicht allein ohne Partner nach Österreich kommen", sagte Gründer, Geschäftsführer und Chefredakteur Hansi Voigt bei einem Publikumsgespräch des Instituts für Journalismus und Medienmanagement an der FH Wien.

"Mit viel Geld"

"Ich halte das für sehr machbar, dass wir das 2016 hinbekommen – wenn wir den richtigen Partner finden", erklärte der 52-Jährige. Wer ist der richtige Partner? "Einer mit viel Geld vor allem", lacht Voigt. Zudem müsste der Partner entweder eigene Inhalte beisteuern – beim Schweizer Portal Watson.ch sind das die "Aargauer Zeitung", deren Verleger das Projekt als Mehrheitseigentümer finanziert, und "Spiegel Online". Oder er müsste ein "großes Marketingvolumen mitbringen".

"Muss nicht nach Österreich"

Zugleich sagt Voigt zu einem Österreich-Ableger: "So konkret ist das nicht." Er berichtet von "verschiedenen Gesprächen" mit möglichen Teilhabern, denen er durchaus auch die Mehrheit an einem Watson außerhalb der Schweiz überlassen würde. Geld und Investitionsbereitschaft nennt er da "das österreichische Problem": "Es gibt viele, die gern möchten, aber wenige, die auch zahlen möchten." Nachsatz: "Wenn wir’s zahlen, würden’s wahrscheinlich alle machen." Aber: "Ich muss nicht nach Österreich kommen. Es muss passen."

"Mit Telekomfirmen geredet"

Redet Voigt neben Medienhäusern – siehe mobiler Content – auch mit Telekoms? "Durchaus mit beiden." Und: "Ich habe schon mit Telekomfirmen geredet – ich sage nicht, ob in Österreich oder Deutschland." Einen Hinweis auf den gerade gestarteten digitalen Magazinkiosk von Drei (und APA) mit Flatrate-Tarif – und daraus womöglich ableitbares Interesse an Medieninhalten – lässt Voigt unkommentiert.

"Phantasiefreier Businessplan"

Zunächst will Voigt in der Schweiz den "Proof of Concept" bringen – also die Tragfähigkeit seines stark an Buzzfeed angelehnten Medienkonzepts nachweisen. Zuletzt war über "Watson.ch" 20 Monate nach dem Start Anfang 2014 vor allem von Sparbedarf zu lesen: drei Redakteursjobs weniger (von mehr als 60), Gehaltskürzungen in Chefredaktion und Management, 300.000 bis 400.000 Franken (bis 370.000 Euro) weniger Kosten.

Der Verleger der "Aargauer Zeitung" schießt zu den rund 17 ursprünglich geplanten Euro-Millionen für "Watson.ch" noch weitere nach; der Break even soll sich von 2017 auf 2018 oder 2019 verschieben. Nun habe man nach den ersten eineindreiviertel Jahren Erfahrung mit vor allem mobil starker Performance in der Schweiz einen "phantasiefreien" Businessplan.

"Noch nicht über den Berg"

Voigt: "Ich gehe davon aus, dass wir im nächsten halben Jahr klarmachen können, wir schaffen das. Wir sind noch nicht über den Berg, aber wir sehen manchmal schon den Gipfel." Die Nutzungszahlen der auch digitalen Marktführer "20 Minuten" – Voigt war vor "Watson" Chefredakteur dort – und "Blick.ch" liegen noch beim Vielfachen des neuen Portals.

Ein Ableger für Österreich ließe sich "deutlich günstiger" starten als die 17 (und nun mehr) Millionen in der Schweiz. Zehn bis zwölf Mitarbeiter müsste eine Redaktion für Österreich wohl umfassen, schätzt Voigt, der größere Teil Redaktion. Werbefinanziert wie Watson Schweiz, dort derzeit zu einem Drittel mit Native Advertising, grob also: gesponserten (und als "powered by" gekennzeichneteten) Stories.

An Bezahlmodelle im Internet für Information glaubt Voigt nicht: "Wir leben in einer Welt, in der es zuviele Informationen gibt. Ob die NZZ hier genau jene Marke ist, von der ich die 15 wichtigen Artikel bekomme?" NZZ.at startete Anfang 2015 als Bezahlplattform für Österreich. NZZ-Konzernchef ist der Österreicher Veit Dengler. Voigt über NZZ.at: "Schön, dass der CEO der NZZ, der ein Österreicher ist, seinem Land etwas zurückgeben möchte." Und lachend fügt er an: "Und der Lancierung einer parteipolitischen Karriere ist es auf jeden Fall förderlich." Dengler war vor seinem Zürich-Engagement einer der Mitbegründer der Neos.

Und wie hoch beurteilt Voigt die Chancen, dass Watson.at tatsächlich 2016 startet? "50:50." (fid, 15.11.2015)