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Nach der Bundes-ÖVP muss auch die niederösterreichische Landesgruppe Strafe zahlen: Es geht immerhin um 100.000 Euro.

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Wofür im Detail die Gelder im Wahlkampf ausgegeben wurden, erfahren Rechnungshof und Transparenzsenat nicht. Sie bekommen nur eine Summe gemeldet.

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Wien – Der erste Durchgang ist absolviert. Alle Parlamentsparteien halten spätestens seit Montag Bescheide des im Kanzleramt angesiedelten Unabhängigen Parteien-Transparenzsenats in Händen, der ihnen schwarz auf weiß zeigt, ob beziehungsweise wo es Verfehlungen in Sachen Transparenz bei den jüngsten Wahlkämpfen gab.

Der STANDARD gibt einen Überblick über die Bescheide und zeigt auch die Schwächen im neuen Gesetz auf. Zunächst: Wegen Überschreitung des Wahlkampfkostenlimits von sieben Millionen Euro müssen SPÖ, ÖVP, Team Stronach und BZÖ Geldstrafen zahlen (die Sprüche sind aber noch nicht rechtskräftig).

  • Strafen: Am höchsten fällt die Strafe beim Team Stronach aus: Es gab für die Nationalratswahl 2013 mit 13,5 Millionen Euro fast doppelt so viel wie erlaubt aus und muss dafür 567.000 Euro Strafe zahlen. Die Bundes-ÖVP investierte im selben Wahlkampf 11,3 Millionen und bekam eine Strafe von 300.000 Euro aufgebrummt. Für den Landtagswahlkampf 2013 in Niederösterreich muss die dortige ÖVP-Landespartei weitere 100.000 Euro zahlen. SPÖ und ÖVP kamen wegen kleinerer Überschreitungen mit Geldbußen von 15.000 Euro davon.

Den Verfahren vor dem Transparenzsenat gehen Meldungen vom Rechnungshof (RH) voraus. Die dortigen Prüfer beklagen aber, dass ihre Arbeit "im Wesentlichen auf die Entgegennahme, formale Kontrolle und Veröffentlichung" der von den Parteien gemeldeten Informationen beschränkt ist.

Zusammensetzung unklar

Ein Beispiel: Der Rechnungshof hätte gern gewusst, wie sich die Beträge für die Wahlwerbung zusammensetzen (also zum Beispiel Folder, Inserate, Geschenke, Kinospots etc.). Der Transparenzsenat hielt aber fest, dass die Parteien dies laut Gesetz nicht müssen. Es reicht die Meldung einer Summe (die von einem Wirtschaftsprüfer bestätigt werden muss). Wenn der Rechnungshof Zweifel hätte (die aber mangels Einblick in die Bücher schwer begründbar wären), könnte er einen zweiten Wirtschaftsprüfer einschalten.

  • Parteinahe Organisationen: Ein weiterer Kritikpunkt des RH: Bei der ÖVP wurden die Bünde (ÖAAB, Bauern, Wirtschaft, Frauen, Senioren, Junge ÖVP) nur teilweise in den Rechenschaftsbericht aufgenommen. Erfasst seien Spenden, Sponsoring und Inserate, nicht aber die Einnahmen und Ausgaben der Bünde. Auch das war laut Transparenzsenat rechtens, weil das Gesetz nur auf die Landes-, Bezirks- und Gemeindeorganisationen abstelle. Der Verein "Anliegen für Österreich", der sich für die Wahl Michael Spindeleggers einsetzte, musste wiederum nicht in den Rechenschaftsbericht aufgenommen werden, weil aus dessen Statut laut Transparenzsenat keine Parteinähe abgeleitet werden konnte.

    Bei der SPÖ hatte der Rechnungshof bereits darauf hingewiesen, dass bei Vorfeldorganisationen (etwa dem Pensionistenverband) extra die Statuten geändert wurden, damit diese nicht mehr als "nahestehende Organisationen" gewertet werden – und somit in die Meldepflicht fallen.

  • Querfinanzierung: Als Gesetzeslücke kann wohl auch die Wahlkampffinanzierung über die parlamentarischen Klubs angesehen werden. Am kuriosen Beispiel der FPÖ: Hier hatte der Rechnungshof den Verdacht, dass "Inserate, Plakate und Informationsaussendungen" im Wahlkampf illegalerweise vom blauen Parlamentsklub bezahlt wurden. Mangels "originärer Einschau- und Prüfungsrechte" sei aber nicht feststellbar gewesen, ob es sich tatsächlich um "unzulässige Spenden" gehandelt habe. Der Transparenzsenat wiederum zog sich auf den Standpunkt zurück, er könne nur dann prüfen, wenn der Rechnungshof eine konkrete Missstandsfeststellung mache. Die Folge: Die FPÖ kommt ohne Strafe davon.

    Einen ähnlichen Fall der Querfinanzierung gab es im Nationalratswahlkampf übrigens auch bei der SPÖ. Erst nach Kritik der Grünen an der Querfinanzierung durch den roten Klub sagte die Bundes-SPÖ zu, die Werbung direkt zu bezahlen. Ob dann tatsächlich korrekt abgerechnet wurde, ist nicht klar. Die Parlamentsklubs müsste der Rechnungshof separat prüfen – was er aber seit Jahren nicht gemacht hat.

Der Grüne Dieter Brosz kritisiert die "extrem formalistische" Auslegung der Gesetze durch den Transparenzsenat und den RH. "Das ist fast schon Sabotage. Damit ist aber auch klar, dass wir die Gesetze nachschärfen müssen." Die Prüfer müssten auch in die Bücher einsehen können.

Ähnlich wie der Parteienfinanzexperte Hubert Sickinger plädiert auch Brosz für die Schaffung von Straftatbeständen bei Verletzung des Parteiengesetzes – vergleichbar mit Deutschland. Die Grünen würden jedenfalls entsprechende Gesetzesanträge vorbereiten, sagte Brosz. (Günther Oswald, 16.11.2015)