"Der gleiche Terror, die gleichen Tränen", titelte am Samstag die libanesische Tageszeitung L'Orient – Le Jour. Der Zedernstaat kämpft selbst noch mit den Nachwehen der IS-Anschläge in einer Hochburg der schiitischen Hisbollah im Süden von Beirut, die am Donnerstag 43 Menschen das Leben gekostet haben. Die Blutspur lässt sich in die Türkei weiterverfolgen und wahrscheinlich nach Ägypten, wo der IS den Absturz einer russischen Chartermaschine verursacht haben könnte.

Die Gemeinsamkeiten sind auffällig, die Handschrift immer ähnlich. Die Anschläge richteten sich alle gegen sogenannte "weiche Ziele", das heißt zufällig ausgesuchte Menschengruppen. Sie waren immer so angelegt, dass sie möglichst viele Opfer unter Zivilisten fordern. Getroffen werden sollen auf diesem Weg aber die Entscheidungsträger. Gemeinsam ist ihnen auch, dass der IS jeweils die Verantwortung übernommen hat, und zwar mit ganz unterschiedlichen amateurhaften Videos oder Audiobotschaften, deren Echtheit und Ursprung nur schwer zu eruieren sind.

Im Zentrum steht Syrien

Die Serie der IS-Anschläge steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Entwicklung des Krieges in Syrien – das heißt, sie sind Vergeltungsschläge für russische und französische Angriffe auf den IS im Gebiet seines Kalifates.

Seit Russland Ende September mit den Luftschlägen gegen den IS begonnen hat, hat auch die schiitische Hisbollah ihren Kampf gegen die sunnitischen Rebellen, darunter auch den IS, noch intensiviert. Deshalb wurde die libanesische Miliz in ihrem Kernland angegriffen.

Dennoch sieht es nicht so aus, als ob die Anschlagserie als solche von einer zentralen Stelle aus geplant und organisiert worden wäre. Die Attentate folgen vielmehr einer lokalen Logik. Innerhalb der IS-Organisation haben die Emire der einzelnen Provinzen sehr viel Macht, und in den europäischen Ländern gibt es Hunderte von kampferprobten Rückkehrern aus den Reihen des IS im syrischen Kriegsgebiet.

Darin unterscheidet sich der IS auch von al-Kaida, deren Projekt kein "Land" ist, in das die Anhänger reisen können. Mit jedem "erfolgreichen" Anschlag steigt zudem die Zahl der Nachahmer, die ihren eigenen Tod in Kauf nehmen. Die Terrorattacken sind deshalb nicht Verzweiflungsaktionen für Verluste in den Stammlanden, sondern ein Zeichen, dass der IS seine Methoden mit erstaunlicher Geschwindigkeit an den sich globalisierenden Syrienkonflikt anpasst. (Astrid Frefel aus Kairo, 16.11.2015)