Fette Hennen gibt es in vielen Farben und Formen – sie sorgen für einen blühenden Garten im Herbst.

Illustration: Dennis Eriksson

Wer den Blick für das Schöne trotz saisonal kitschiger Gartenkatalogbildsprache nicht zur Gänze verloren hat, steht im Novembergarten staunend wie ein Kleinkind vor dem Christbaum und bewundert die Pracht der Farben. Der Gartler möchte diese fragilen Momente der so sichtbaren Vergänglichkeit bewahren und streift mit seinem Fotoapparat durch den Garten, frei von Hektik und auf der Suche nach den schönsten Szenerien.

Da wäre zum Beispiel die Szene, wo ein japanischer Ahorn mit fast schwarzrot anmutendem Herbstlaub im Hintergrund den gelbgrün funkelnden Funkien im Endstadium einen entsprechenden Kontrast liefert. Da macht sich das Warten den Sommer über bezahlt! Gleich daneben strahlt eine Forsythie golden vor den knallroten Früchten des Ilex und weigert sich beharrlich, sich von ihrer Pracht zu trennen.

Ein wenig falber, aber doch intensiv hellgrün, beruhigt ein japanischer Schlitzahorn die Szenerie. Jetzt leuchten die Farben von sich aus, nicht wie im Sommer, wo erst die Sonne draufknallen muss, um für Effekte zu sorgen, denkt sich der Gartler. Er murmelt etwas von endogener Schönheit, wodurch sich die Gärtnerin auf der anderen Seite des Zauns angesprochen fühlt. Auch sie bewegt sich einer Schleichkatze gleich durch ihren Garten und saugt das letzte Aufbäumen vor den tödlichen Nachtfrösten auf.

In ihrem Garten blüht die hohe Fette Henne Sedum telephium, deren Zuchtform "Herbstfreude" die Gärtnerin in Wahrheit bis in das Frühjahr erfreut. Ihre Blüten halten nahezu jede Witterung aus, wechseln farblich zunehmend ins Braune und kontrastieren damit ganz wunderbar die erste weiße Schneedecke des Jahres. Erst der Rückschnitt im Frühjahr setzt den Blüten ein Ende.

Für Violette

Die Gärtnerin arbeitet sehr subtil, um die Aufmerksamkeit des Gartlers erst auf ihre Pflanzen und dann eventuell auch auf sich zu ziehen. Dazu hat sie sich Phlomis tuberosa in ihre Beete geholt – eine violett blühende Pracht, die im Winter durch ihre Samenstände ganz besonders entzückend aussieht. Wo doch der Gartler nebenan Fan des österreichischen Fußball-Rekordmeisters ist. "Und, wie gefällt Ihnen mein Knollen-Brandkraut ...?" könnte ja das Eis ein wenig schmelzen lassen.

Für besondere Freude im Novembergarten sorgen auch das Silberkraut und die Mondviolen. Während das September-Silberkraut Cimifuga simplex – in der Zuchtform "Brunette" – mit seinem schwarzrotem Laub und seinen hohen Samenständen protzt, klotzt die Mondviole mit ihren silbrigen Talern und sorgt damit für maximalen Kontrast in den herbstlichen Beeten der Gärtnerin. Der Gartler wird staunen. (Gregor Fauma, RONDO, 20.11.2015)